Nettetal Kirchenchor steht vor ungewisser Zukunft

Nettetal · An Weihnachten droht in der Pfarre St. Sebastian der Abgesang auf die Kirchenmusik. Es fehlt das Geld für die musikalische Leitung.

 St. Sebastian in der Winterstarre. Die Gemeinde kämpft mit fehlenden Geldmitteln und mit der Frage, wie sie Defizite verteilt.

St. Sebastian in der Winterstarre. Die Gemeinde kämpft mit fehlenden Geldmitteln und mit der Frage, wie sie Defizite verteilt.

Foto: Busch

Zu Weihnachten erklingt in der Pfarrkirche St. Sebastian die "Messe de Minuit" von Marc-Antoine Charpentier. Es ist möglicherweise das letzte Mal, dass der Kirchenchor sich an der Gestaltung einer Messe beteiligt. Denn nach dem Weggang von Chorleiter Stefan Klösges im Sommer sieht sich die Kirche außerstande, die Kosten für die musikalische Leitung zu tragen.

Die Finanznot holt den Kernbereich in den Pfarren ein. Stellen werden nicht mehr besetzt, sondern gestrichen, wenn jemand ausscheidet. Andere werden stark beschnitten. Als krass empfinden die Mitglieder des Kirchenchores, dass es bisher nicht gelungen ist, eine tragfähige Lösung für die Zukunft zu finden.

"Wir hatten eigentlich gehofft, in vier Jahren das 175-jährige Bestehen unseres Chores feiern zu können. Im Augenblick sieht es danach nicht aus. Unsere Zukunft ist vollkommen ungewiss", sagt die Vorsitzende Maria Gutheim. Die Stimmung im Chor sei "sehr schlecht", sagt sie. Stefan Klösges kündigte im Mai seine Stelle und schied im August aus. Mit großer Mühe gelang es, die Hinsbecker Kirchenmusikerin Barbara Bruns zu finanzieren, damit der Chor das Weihnachtsfest mitgestalten kann. "Unser Beitrag ist diesmal aber weitaus geringer als in vergangenen Jahren", berichtet Maria Gutheim.

Der Chor hat seine Aktivitäten erheblich zurückfahren müssen. Sang er früher in 35 Messen im Kirchenjahr, so kommt er heute auf knapp ein Dutzend Termine. Konzerte sind undenkbar geworden. Der liturgische Dienst einer Gemeinschaft sehr engagierter Menschen, die viel Zeit für Probenarbeit und ihre Mitwirkung an Hochfesten opfern, verliert seine Wertschätzung. "Damit einher geht ein Verlust an Vielfalt, es läuft auf eine triste Vereinheitlichung hinaus", bedauert Maria Gutheim. Die Chöre fürchten, dass man versucht, sie zu Fusionen zu bewegen. Vor einigen Wochen wollte der Chor zum Cäcilienfest mit einer Protestaktion auf seine Malaise aufmerksam machen. "Ich ärgere mich heute, dass wir es unterlassen haben", sagt die Vorsitzende.

Ursache ist nach Einschätzung der Chöre die Unterfinanzierung im Kirchengemeindeverband durch das Bistum. Pfarrer Wiegandt habe dem Chor versichert, dass er seine Arbeit sehr schätze und sich dafür einsetze, sie fortzusetzen. Der Chor rechne ihm auch hoch an, dass er die Vorbereitungen auf das Weihnachtsfest unter der Leitung von Barbara Bruns finanziell ermöglichte. Nur — was im neuen Jahr kommt, ist ungewiss, auch wenn der Pfarrer beteuert, er wolle sich für die Chormusik in Lobberich verwenden.

"Frau Bruns betreut mehr als zweihundert Sänger jeden Alters in Hinsbeck. Auch sie leistet damit beträchtliche seelsorgerische Arbeit. Denn die Kinder ziehen Eltern und Großeltern in die Kirche. Die Chormusik vermittelt eine gelebte Gemeinschaft. Sie wäre gerne bereit, auch unseren Chor zu übernehmen. Aber da müssen die Rahmenbedingungen stimmen, es muss ein Stück Nachhaltigkeit her", sagt Maria Gutheim.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort