Nettetal Keine Bürgerarbeit erwünscht

Nettetal · Im Nettetaler Rathaus schwelt ein Konflikt. Die Stadtverwaltung will nicht in Bürgerarbeit einsteigen, das BLZ dagegen will diese Form von Arbeitsbeschaffung stärker fördern. Der Sozialausschuss hält sich aus allem heraus.

Erster Beigeordneter Armin Schönfelder hat sein Büro im zweiten Obergeschoss des Nettetaler Rathauses. Er hält nichts davon, Bürgerarbeit in der Stadtverwaltung einzuführen. Im Erdgeschoss desselben Gebäudes sitzt Günter Flüggen. Der Leiter des Beschäftigungs- und Leistungszentrums (BLZ), einer Außenstelle der Arge Kreis Viersen, plädiert dafür, Bürgerarbeit auch in Nettetals Stadtverwaltung einzusetzen. Im ersten Obergeschoss des Rathauses tagt die Politik. Die hat zu dem offenen Konflikt derzeit keine Meinung.

1-­-Jobs reichen

„Die Stadt kann sich auf diesem Feld nicht engagieren“, erklärte Armin Schönfelder im Sozialausschuss. Es müsse reichen, dass die Stadt zurzeit 41 so genannte 1-­-Jobs unterhalte. Bürgerarbeit gebe es aber beispielsweise im Krankenhaus. Flüggen reicht das nicht. „Andere Städte im Kreis sind da anders gestrickt“, widersprach er. Schönfelder beendete den Disput mit der Bemerkung, er habe auch in Mecklenburg-Vorpommern schon in solchen Angelegenheiten stets das letzte Wort gehabt. Daraufhin schaltete Flüggen sein Mikrophon ab. Der Ausschuss hatte keine weiteren Fragen.

In Viersen, Willich und Kempen verfährt man anders mit dem Thema. Die Kreisstadt hat beispielsweise 30 Bürger-Arbeitsplätze eingerichtet. Sie werden zu 75 Prozent bezuschusst, außerdem gibt der Kreis eine Pauschale in Höhe von 350 ­ dazu. „Wir zahlen als Stadt jährlich pro Arbeitsplatz 1000 ­“, sagt Sozialdezernent Dr. Paul Schrömbges. Dass der Kreis Geld zuschießt, ist eine logische Konsequenz. Denn er wird entlastet bei den Kosten für die Unterkunft, sobald jemand Bürgerarbeit antritt. Diese Kosten sammelt der Kreis bei den Gemeinden ein, das er über die Pauschalzahlung zurückgibt. Das Geld ist nach Schönfelders Angaben jedoch kontingentiert. Bürgerarbeit ist ein Instrument für Langzeitarbeitslose mit „schlechter Prognose“. Sie erfasst unter anderen Drogenabhängige und Alkoholkranke. So ist Bürgerarbeit natürlich auch ein Risiko für den Arbeitgeber. „Die kommen morgens nicht aus dem Bett, die meisten haben keine Arbeitshaltung und kennen keine straffe tägliche Struktur“, räumt Paul Schrömbges ein. In Viersen hat er eine Sozialarbeiterin über Bürgerarbeit eingestellt, „ohne die das Konzept längst gescheitert wäre. Sie ist für uns ein Glücksfall.“ Die Bürgerarbeit ist auf zunächst 24 Monate befristet.

Stellt sich heraus, dass daraus kein Einstieg in das reguläre Arbeitsleben folgt, kann sie verlängert werden. „Wenn man so will, bis jemand in Rente geht“, erklärte Günter Flüggen. Er bedaure sehr, dass in dieser Hinsicht „in Nettetal noch nichts erreicht“ sei. KOMMENTAR/FRAGE DES TAGES

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort