Nettetal "Heute stehen wir wirklich gut da"
Nettetal · Der CDU-Fraktionsvorsitzende Günter Werner hat vor Weihnachten seine letzte Haushaltsrede im Nettetaler Stadtrat gehalten. Im Mai wird er nur noch für den Kreistag kandidieren. Der Versuch einer Bilanz.
Als Günter Werner in der letzten Sitzung des Stadtrates seine Haushaltsrede hielt, hatte er ein Ziel erreicht. Es war die letzte Rede zu den Finanzen nach 20 Jahren an der Spitze der CDU-Fraktion, aber es war vor allem die Rede über einen Haushalt, der in sich ausgeglichen ist. Werner steht für eine Phase der Nettetaler Politik, die in den vergangenen zwanzig Jahren mitunter verzweifelt gegen Defizite und immer neue finanzpolitische Tiefschläge kämpfen musste.
Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit. Doch wer sie so intensiv durchlebt hat wie der frühere Studiendirektor am Berufskolleg in Krefeld, dem erscheinen manche Dinge wie gerade gestern erst geschehen. Werner hatte nach der Kommunalwahl 1993 einen denkbar schwierigen Start. Er war zuvor zwar Vorsitzender im damaligen Finanzausschuss, und sein Vorgänger an der Fraktionsspitze, Konrad Achtert, hatte den Wechsel klug vorbereitet. Aber der Berg von Problemen, mit dem sich Werner 1994 konfrontiert sah, war extrem hoch.
Zur Zerreißprobe war die mit Stadtdirektor Peter Ottmann ausgetragene Auseinandersetzung darüber, ob die Stadtwerke GmbH verkauft und der Erlös eingesetzt wurde, um die Haushaltslücke zu schließen. "Wir waren uns vollkommen uneins. Ich erinnere mich, dass der Konflikt in einer Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses mit ungewöhnlicher Offenheit und Schärfe auf beiden Seiten ausgetragen wurde", sagt Werner. Es gelang ihm damals zu verhindern, dass die Stadtwerke als "Tafelsilber" verkauft und der Erlös zum Ausgleich des Haushaltsdefizits eingesetzt wurde. "Ich habe mich nicht als Sieger gefühlt. Es war legitim, nach allen Möglichkeiten zu suchen, die das drohende Haushaltssicherungskonzept verhinderten", sagt er.
Günter Werner hat über Jahrzehnte hinweg eine moderierende Form der Fraktionsführung bevorzugt. Streitereien sind ihm in seiner ganzen Wesensart ein Gräuel. So hat er es auch stets im Umgang mit dem politischen Gegner gehalten. "Ich bin der Meinung, dass man Menschen mitnehmen muss. Also haben wir immer den Weg der Verständigung vorab gesucht, wenn es eine konfliktverdächtige Situation in der Ratsarbeit gab", unterstreicht Werner. Davon, dass man ihm gelegentlich im anderen politischen Lager eine gewiefte Umarmungstaktik nachsagt, will er nichts hören.
"Heute stehen wir wirklich gut da", stellt der Lobbericher mit Blick auf den Haushalt fest. Er hat nicht vergessen, welche Kraftakte erforderlich waren, um der fremdbestimmten Haushaltssicherung zu entgehen. "Das war stets unser Ziel, und es hat sich gelohnt. Wir — Rat und Verwaltung insgesamt — waren immer die Herren im eigenen Haus. Wir sind selbstbestimmt geblieben." Eine der wichtigsten Entscheidungen war es für Werner, dass der Nettebetrieb seinerzeit ausgegliedert wurde und nach Handelsrecht bilanziert. Abwasser, Immobilien, Hoch- und Tiefbau, Baubetriebshof und andere Aufgaben wurden darin ausgegliedert. Das und das Konjunkturpaket II der Bundesregierung habe Nettetal ganz entscheidende Vorteile gebracht. "Wir haben sehr hohe Schulde, insgesamt sogar weit über 50 Millionen Euro. Aber es sind fast ausschließlich investive Ausgaben, keine konsumptiven Belastungen,", erklärt Werner. "Wir haben uns wirklich nur das erlaubt, was wir uns leisten können."
Der Abschied aus dem Stadtrat falle ihm leicht, zumal er im Kreistag weiter der Politik nachgehen will. "Das sind weniger Termine und bedeutet weniger Stress", sagt er. Nachdenklich fügt er hinzu: Damit gebe ich aber auch meinen Platz an der Spitze des Aufsichtsrates der Stadtwerke auf. Ich habe da sehr gerne mitgearbeitet."
Wie nachhaltig die aktuelle Situation sein wird, muss sich zeigen. Dann aber hat Günter Werner nicht mehr die Verantwortung.