Nettetal Hertie-Pleite war Schlag für Einzelhandel

Nettetal · Lobberichs Handel in der Innenstadt leidet darunter, dass die Laufkundschaft des Kaufhauses regelrecht weggebrochen ist. Die Ludbach-Passage hat die erwartete Wirkung bisher nicht entfalten können.

Mit der Schließung der Hertie-Filiale im Jahr 2009 begann für den Einzelhandel in der Lobbericher Inennstadt eine schwere Zeit. Einen Ausweg zu finden, ist nicht leicht.

Foto: Busch

Die Schließung des Kaufhauses Hertie hat schwerwiegendere Folgen für die Lobbericher Innenstadt, als lange angenommen. Bürgermeister Christian Wagner berichtete im Wirtschaftsförderungsausschuss, dass die Innenstadt einen regelrechten Einbruch der Laufkundschaft erlitten habe, von dem sie sich nicht erhole. Die Chancen, dem leerliegenden Komplex neues Leben einzuhauchen, sind eher gering.

Die Hertie-Insolvenz ist nur ein Teil eines kaum entwirrbaren Netzes von Pleiten, die deutschem, niederländischen und europäischem Recht unterworfen sind. Bekanntlich schlossen sich vor einigen Monaten Bürgermeister jener Städte zusammen, in denen Hertie-Kaufhäuser standen. Einen Schritt ist man immerhin weitergekommen: Es gibt anerkannte Wertgutachten für die Grundstücke. Mindestens ebenso wichtig ist die Vereinbarung, dass eine Immobilie in den Markt gehen kann, wenn es einen Investor geben sollte.

Für Nettetal kommt dies möglicherweise zu spät. Es hatte vor einiger Zeit Interessenten gegeben, die aber mit ihren Plänen an der komplexen Rechtsmaterie scheiterten. Es sieht nicht so aus, als werde aus dieser Richtung ein neuer Anlauf unternommen. Wagner berichtete, dass er immer wieder aus der Bevölkerung Stimmen höre, die Stadt müsse etwas unternehmen, so, als könne der Bürgermeister kurzerhand hier ein neues Geschäftsmodell auf Kosten der Steuerzahler erproben. Natürlich sei das Unsinn, sagte Wagner, aber er sehe sich auch gezwungen, das einmal in aller Deutlichkeit zu sagen.

Nur bedingt könne die Stadt auch auf die triste Situation des örtlichen Einzelhandels einwirken. Die Stadt habe, ebenso wie private Investoren, Millionenbeträge in die Innenstadt gesteckt, mit dem Ziel, sie zu beleben. Der Einzelhandel stecke in einer sehr kritischen Phase, da die Sanierung der Fußgängerzone und die Wegeverbindung von der Ludbach-Passage in die Innenstadt noch nicht abgeschlossen seien. Aber handeln müsse der Einzelhandel auch selbst. "Jammern hilft doch nicht, der Einzelhandel ist in der Pflicht", stellte Lobberichs Ortsvorsteher Harald Post fest. Einige Geschäftsleute hätten das richtigerweise auch erkannt.

Wagner reagierte auch auf die Frage der SPD-Fraktionsvorsitzenden Renate Dyck nach einem Brandbrief des Einzelhandels- und Dienstleistungsverbandes, der auch auf die schlechte Ertragslage hinweist. Sie vermisse ein Kleinkaufhaus, außerdem weise das Sortiment des Lobbericher Einzelhandels erstaunliche Lücken auf. "Um es einmal in aller Deutlichkeit zu sagen: Ich verstehe nicht, dass ich in Lobberich kein Nachthemd und keine gute Unterwäsche kaufen kann. Dann weiche ich eben aus nach Kaldenkirchen", sagte sie. Andererseits habe sie erfahren, dass selbst gute Läden mitunter über Tagesumsätze von zehn Euro nicht mehr hinauskämen.

Es sei eine Illusion zu glauben, mit einem Kleinkaufhaus lasse sich die Misere beheben, berichtete Wagner. Dieses einst so erfolgreiche Geschäftsmodell gebe es europaweit nicht mehr. Selbst die Großkaufhäuser mit Premiumware schrieben kaum noch schwarze Zahlen. Er rate im Übrigen zu einer gesamtstädtischen Betrachtung des Einzelhandels. Stadtteilbezogenes Denken helfe in der Diskussion und auch im Einkaufsverhalten nicht weiter. "Nettetal hat immer noch einen Einzelhandel, um den uns andere Kleinstädte beneiden. Wir sollten uns nicht schlechter reden, als wir sind", warnte Wagner. FRAGE DES TAGES

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