Nettetal Hertie bleibt eine "Sorgen-Immobilie"

Nettetal · Die Stadt Nettetal betreibt die Zwangsversteigerung des leerstehenden Kaufhauses. Ob der Termin zustande kommt, ist ungewiss. Ortsvorsteher Harald Post ist für Abriss und Bau neuer Wohnungen.

 Das Gebäude verfällt von Tag zu Tag mehr. Schimmel, Ungeziefer und Wasserschäden beschleunigen den Niedergang.

Das Gebäude verfällt von Tag zu Tag mehr. Schimmel, Ungeziefer und Wasserschäden beschleunigen den Niedergang.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Für das ehemalige Hertie-Kaufhaus in der Lobbericher Innenstadt hat das Amtsgericht Nettetal einen Zwangsversteigerungstermin für Donnerstag, 27. November, angesetzt. Ob es allerdings überhaupt zu dem Termin kommt, ist abzuwarten. In Gang gesetzt hat die Stadt Nettetal das Verfahren. Sie bekommt nämlich noch erhebliche Beträge aus bisher nicht gezahlten Abgaben, unter anderem einen gehörigen Batzen Gewerbesteuer.

Seit August 2009 liegt das Kaufhaus leer, das ursprünglich zum Karstadt-Konzern gehörte und später mit vielen anderen kleineren Kaufhäusern ausgegliedert wurde und in Hertie umfirmierte. Das Gebäude verfällt seither mehr und mehr. Hoffnungen, es im Zuge der Ludbach-Passage zu beleben oder auch Investoren zu finden, zerschlugen sich. "Es gab immer wieder einmal Anfragen, aber wer 1,5 Millionen Euro auf den Tisch legen soll und dann noch schätzungsweise zur Ertüchtigung des Hauses mindestens eine halbe Million zusätzlich locker machen muss, der sieht jegliche Rendite schwinden", sagt Nettetaler Wirtschaftsförderer Dietmar Sagel. Wer sich den zweigeschossigen Bau mit der hässlichen Waschbetonfassade ansieht, kann sich ohne besondere Fachkenntnis ausmalen, dass allein die Erfüllung neuer Energievorschriften an Bauten eine weitere Nutzung nahezu unmöglich macht.

"Die Stadt sollte versuchen, das Gebäude zu ersteigern, es abreißen und dann barrierefreie Wohnungen errichten", meint Ortsvorsteher Harald Post. Die Empfehlung zum Bau von Wohnungen hat auch Professor Wachten im Rahmen des Stadtentwicklungskonzeptes ausgesprochen. Für Geschäfte sehen Experten nur geringe Chancen, sich wirtschaftlich halten zu können. Die Politik halte auch nichts von Fitness-Centern, Spielhallen und anderen Freizeiteinrichtungen, sondern strebt eine nachhaltige Nutzung des Grundstücks nach erfolgtem Abriss an. "Noch 'ne Ruine möchten wir anschließend hier jedenfalls nicht mehr sehen", sagt Post. Die Stadt sollte sich nach Partnern und/oder Investoren umsehen, um ein Konzept für die von-Bocholtz-Straße 31 zu entwickeln.

Im Internet schießen die Spekulationen dazu längst ins Kraut. Die Fantasie reicht von "Indoor-Spielplatz" über Spielplatz für unsere Kinder (ungeachtet der angrenzenden Freiflächen am Windmühlenbruch) über ein Jugendzentrum oder Generationenhaus bis hin zu "Geschäften, für die man nicht mehr nach Krefeld oder Mönchengladbach fahren muss". Mit der Realität hat das alles nichts zu tun. Verschiedene Fachgeschäfte und Einzelhandelsketten haben nach eingehender Prüfung des Standortes Lobberich an anderer Stelle schon abgewunken. Investitionen, Folgekosten und vor allem die Konkurrenz der neuen "grünen Wiese", das Shoppen per Internet, machen Investoren extrem vorsichtig - so sehr sich einzelne Bürger vielleicht auch bestimmte Formen des Fachhandels wünschen.

Ob der Versteigerungstermin zustande kommt, bleibt abzuwarten. Die Stadt Herne hat soeben unter ähnlichen Umständen eine Zwangsversteigerung provoziert mit dem Ziel, ein Verfahren generell in Gang zu setzen. Das sind neben offenen Rechnungen auch die Motive der Stadt Nettetal. Herne bot beim ersten Termin 300 000 Euro. Der Betrag liegt weit unter dem angesetzten Verkehrswert und unter den sieben Zehntel, die mindestens beim ersten Gerichtstermin geboten werden müssen. Ein solches Gebot hält aber das Verfahren für einen zweiten Versteigerungstermin in Gang. Dann müssen ernsthaft nur noch fünf Zehntel geboten werden, um einen Zuschlag zu erhalten. Beauftragte der Immobilienbesitzer beglichen aber unmittelbar vor dem Versteigerungstermin die bei der Stadt Herne offen stehenden Posten. Damit war der Zwangsversteigerung die Grundlage entzogen und das Verfahren regelrecht abgewürgt. Über die Gründe kann man spekulieren. Vielleicht geht es nur um Buchwerte, die man dauerhaft erhalten möchte.

(RP)
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