Kreis Viersen "Greening" macht Bauern misstrauisch

Kreis Viersen · Die EU will die Landwirtschaft ökologischer machen. Die Bauern im Kreis erwarten mehr Bürokratie und weniger Geld.

 Die Zeit vor dem erneuten Kälteeinbruch nutzten viele Bauern, um Gülle zur Düngung auf ihre Felder aufzutragen. Eine stärkere Ökologisierung der Landwirtschaft würde dies in Zukunft einschränken.

Die Zeit vor dem erneuten Kälteeinbruch nutzten viele Bauern, um Gülle zur Düngung auf ihre Felder aufzutragen. Eine stärkere Ökologisierung der Landwirtschaft würde dies in Zukunft einschränken.

Foto: Busch

Die Vorschläge von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos, die Agrarwirtschaft insgesamt "grüner" zu machen, stoßen auch nach dem Kompromiss der Landwirtschaftsminister auf Misstrauen in der Bauernschaft. "Wir wehren uns nicht dagegen, die Landwirtschaft umweltfreundlicher zu machen. Aber wir wissen nicht, wie wir damit umgehen sollen. Letztlich wird uns das künftige Fördersystem mächtig ins Geld gehen", fürchtet der Vorsitzende der Kreisbauernschaft, Paul Christian Küskens.

Die Europäische Union gibt unmittelbar rund 40 Prozent ihres Budgets in die Landwirtschaft. Ciolos wollte ursprünglich den gesamten Betrag an Umweltleistungen koppeln. Die europäischen Landwirtschaftsminister beschlossen jedoch, dass 30 Prozent der Direktzahlungen an die Bauern an Umweltauflagen geknüpft sind. Wer dagegen verstößt, dem droht zusätzlich der Verlust von 7,5 Prozent seiner EU-Hilfen.

Die Bauern seien ratlos, sagt Küskens. "Wir wissen nicht, wie wir damit umgehen sollen." Außerdem gebe es innerhalb der EU eine beträchtliche Schieflage. In Deutschland sind seit Jahrzehnten umfangreiche Vorleistungen geschaffen worden, die dem Schutz von Umwelt und Natur dienen. Andere europäische Staaten hätten da erheblichen Nachholbedarf.

So sind im Kreis Viersen beispielsweise Landschaftspläne entwickelt worden, die abgestimmt sind mit der Landwirtschaft. "Angerechnet werden uns aber als ökologischer Beitrag nur Flächen, die wir selbst bewirtschaften", erklärt Küskens. Baumreihen, Feldgehölze, Obstbongerte und anderes mehr sind überwiegend im öffentlichen Besitz. Außerdem sind die Ackerstrukturen so, dass größere zusammenhängende Felder geschaffen wurden, durch die Wirtschaftswege führen. Aufgewertet wurden meist Saumstrukturen an den Waldrändern.

"Verlangt wird beispielsweise, dass sechs Meter breite Streifen nicht gedüngt und gespritzt werden dürfen. Den Boden sollen wir mit Leguminosen anreichern, aber bitte nur mit Erbsen oder Bohnen, die gedroschen werden müssen. Das ist Mehrarbeit, aus der wir keinen Ertrag holen können", erklärt Küskens. Ackerböden im Kreis Viersen seien außerdem außerordentlich wertvoll. 80 Prozent der Flächen, die Bauern unter dem Pflug haben, sind gepachtet. "Die Pachtpreise im Kreis Viersen sind die bundesweit höchsten überhaupt. Deswegen müssen wir um jeden Quadratmeter kämpfen, den wir bewirtschaften können."

Längst haben Kapitalanleger entdeckt, dass sie so gute Renditen erwirtschaften können. Kopfschüttelnd weist der Niederkrüchtener darauf hin, dass die Stadt Krefeld 400 Hektar Ackerfläche den Bauern entziehen will, um dort zum Klimaschutz Bäume zu pflanzen. Die Krefelder Bauern sollten dafür auf Äcker im Kreis Viersen umziehen. "Das ist politischer Konsens und inhaltlich Nonsens. Hier wartet keiner auf Krefelder Bauern", so Küskens.

Das "Greening" der EU sei wieder der Versuch, über Geld politische Ziele zu erreichen. Den Bauern würden entgegen aller Zusicherungen immer größere bürokratische Lasten aufgebürdet. Manches Programm bleibe Utopie. "Dazu gehört das Ziel der vielfältigen Fruchtfolge. Wir sollen nacheinander fünf unterschiedliche Feldfrüchte anbauen, aber keiner macht sich Gedanken, dass davon zwei überhaupt nicht zu vermarkten sind", wundert sich Küskens.

(RP/rl)
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