Nettetal St. Clemens führt nach fünf Jahren neues Gesangbuch ein

Kaldenkirchen · Seit 2013 gibt es das neue Gotteslob in den Gemeinden des Bistums Aachen. Einzig in Kaldenkirchen hielt der Pfarrer an der Version von 1975 fest. Nach Protesten lenkte er nun ein.

Staunen bei den Besuchern der Vorabendmesse am vergangenen Samstag: Man habe sicher die neuen Gesangbücher bemerkt, erklärte Benedikt Schnitzler (50) zu Beginn des Gottesdienstes in St. Clemens Kaldenkirchen. Es sei nun der Zeitpunkt, die bisherigen Bücher durch das neue Gotteslob zu ersetzen, auch wenn er persönlich die alten besser gefunden habe. Damit reagierte der Pfarrer auf die vielen Proteste und Beschwerden aus seiner Gemeinde, hatte er sich doch fünf Jahre lang beharrlich geweigert, das alte Gesangbuch aus dem Jahr 1975 durch das neue Gotteslob von 2013 zu ersetzen.

 Als letzter Kirche werden nun auch in St. Clemens Kaldenkirchen die Gesangbücher „Gotteslob“ von 2013 verwendet.

Als letzter Kirche werden nun auch in St. Clemens Kaldenkirchen die Gesangbücher „Gotteslob“ von 2013 verwendet.

Foto: Knappe, Jšrg (jkn)

Mit seiner Haltung stand Schnitzler allein da: „Von einer anderen Pfarrei, die das Gotteslob nicht nutzt, ist uns nichts bekannt“, teilte Anja Klingbeil vom Bistum Aachen noch vergangene Woche auf Anfrage mit. Dass St. Clemens in der Gemeinschaft der Gemeinden (GdG) in Nettetal in Sachen Gotteslob ausscherte, ließ Günter Puts, Pfarrer von St. Lambertus in Breyell und GdG-Leiter, schon vor drei Jahren mahnen: „Man kann sich auf Dauer nicht ausschließen.“ In Kaldenkirchen brauche man wohl noch etwas Zeit.

Die Zeit schien nun reif fürs neue Gotteslob, das Schnitzler übrigens länger schon zu Hunderten in Kartons im Pfarrhaus gehortet hatte. Zwei Tage vor der Einführung des neuen Gesangbuches hatte er noch auf Anfrage unserer Redaktion erklärt: „Fragen Sie mich nicht, warum ich das neue Gotteslob in St. Clemens nicht verwende, dazu werde ich nichts sagen.“

Doch Ärger und Streit schienen längst zu eskalieren, wie Schnitzler zugab: „Leute aus der Gemeinde haben mich mit Briefen bedrängt, manche sind bis nach Aachen gerannt, um sich zu beschweren.“ Beim Bistum reagierte man zumindest nach außen moderat: Zwar gebe es „keine Rechtsverpflichtung, das neue Gotteslob zu nutzen“, erläuterte Klingbeil, aber „allein schon aus Qualitätsgründen ist es sinnvoll, das neue Gotteslob zu nutzen“. Schließlich hätten sich Sprache, Denken und Liturgie „seit 1975 stark verändert“, neues Liedgut habe Einzug in die Gottesdienste gehalten, sagte Klingbeil.

Das Liedgut freilich war für Schnitzler bislang ein Argument, am alten Gotteslob festzuhalten: „Ich habe viele alte Gottesdienstbesucher, die singen gern die schönen alten Lieder aus dem alten Gotteslob, warum soll ich die mit neuem Liedgut verunsichern?“ Er habe Zuspruch von anderen Priestern bekommen, die sich nicht getraut hätte, am alten Gesangbuch festzuhalten. Zudem habe er „nicht grundsätzlich was gegen das neue Gotteslob“, und die alten Bücher würden „eh nicht ewig halten“.

Klingbeil verwies auf die Gemeinschaft in der Kirche: „Die Leute haben so die Möglichkeit, in den unterschiedlich besuchten Kirchen das gleiche Buch zu gebrauchen.“ So sahen das wohl auch viele Gemeindemitglieder von St. Clemens, die ihren Pfarrer bedrängten. Mitglieder des Kirchenchores erzählten, man habe Schnitzler eindringlich gebeten, das neue Gotteslob einzuführen – bislang vergeblich.

Die Fronten scheinen auch nach Einführung des neuen Gotteslobes noch verhärtet, die Gemeinde gespalten. „Der Pastor als Hausherr entscheidet nun mal über die Gesangbücher“, sagte eine ältere Gottesdienstbesucherin. Ein anderer widersprach: „Der Pfarrer ist kein Alleinherrscher, er soll zusammen mit der Gemeinde entscheiden.“ Chorleiter und Organist Achim Bruns sagte auf Nachfrage nur: „Ich möchte nichts dazu sagen.“

Immerhin, durch Schnitzlers Einführung des neuen Gotteslobes gibt St. Clemens seine Sonderrolle in der GdG in Nettetal auf. Deren Einheit hatte GdG-Leiter Puts stets betont: „Kirche, das sind nicht die Amtsträger, das sind alle, Kirche sind wir.“ Amtsträger Schnitzler freilich deutete in der Vorabendmesse an, er behalte sich vor, auch nach Einführung des neuen Gotteslobes zu besonderen Anlässen wie Weihnachten auf das Liedgut aus dem alten Gotteslob zurückzugreifen.

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