Nettetal Geschichten rund um den "Tüüt"
Nettetal · Die Gesprächsrunde "Hänsbäcker Jüüte vertälle" traf sich diesmal auf dem Gehnenhof in Oirlich. Dort gab es "Tüüt bis zum Abwinken" und viele Erzählungen über die Hausschlachtungen in früherer Zeit.
Tüüt, Schwarzbrot und Zuckerrübenkraut — was will der Niederrheiner mehr, wenn's besonders gut schmecken soll? Das sagten sich auch etwa 50 Hinsbecker, die der Einladung des Mundartkreises im Verkehrs- und Verschönerungsverein (VVV) "Hänsbäcker Jüüte vertälle" gefolgt waren. Auf dem Gehnenhof in Oirlich fanden sich nahezu doppelt so viele Besucher ein wie an den üblichen Abenden im Parkstübchen.
Im früheren Schweinestall, heute umgewandelt in einen rustikalen Partyraum, hatten Petra und Josef Butschen vom Gehnenhof alles bestens vorbereitet. Das Rustikale auf einem Bauernhof übte den Reiz auf die Gesprächsrunde des Abends aus. Bald wurden große Platten mit gebratenem "Tüüt bis zum Abwinken" aus der hofeigenen Landmetzgerei Gehnenhof aufgetischt. Dazu wurden selbst gebackenes Schwarzbrot und Zuckerrübenkraut gereicht. In der Runde wurde ausgiebig wurde gespeist — man wundert sich, was so alles in einen Menschen hineingeht, wenn es lecker ist. Als die Hofmetzger den ehemaligen Schweinestall betraten, erhielten sie einen Sonderapplaus — und die Frage gestellt, wie Tüüt oder Panhas früher gemacht wurde.
Der Hofmetzger berichtete, dass jeder Metzger sein eigenes Rezept hatte. Wer etwas auf sich hielt, hatte seine eigenen Würzgeheimnisse, nicht nur für Tüüt, sondern auch für die Würste. Vom Kochfleisch für Blut- und Leberwurst wurde die durchgesiebte Brühe in einen Kessel gegeben. Hinzu kamen etwas Blutwurstmasse sowie die Reste aus der Blut- und Leberwurstherstellung. Diese Masse wurde mit Pfeffer, Salz und einigen Gewürzen abgeschmeckt und zum Kochen gebracht. Unter ständigem Rühren kamen Haferflocken und Buchweizenmehl hinzu. Man ließ die Masse in Formen erkalten und schnitt sie dann in Scheiben. Die werden von beiden Seiten knusprig gebraten.
Dieter Snyders, der Schlachtungen in seiner Jugend selbst mitgemacht hatte, berichtete über einige Hinsbecker Metzger: Kopfschlächter Servatius (Fath) Funken (circa 1920 bis 1960) und Gerhard Wyers (circa 1960 bis 1990). Die meisten Hinsbecker, ob im Ort oder in den Honschaften, hielten früher selbst Schweine. Zum Schlachten kamen Metzger in die Häuser. Bekannt war, dass sie zur "Neutralisierung der Geschmacksnerven" zunächst "enne Effe Jriis" (einfachen Korn) benötigten, um die Wurst richtig würzen zu können.
Probleme gab es, wenn die Kinder des Hauses die Schweine bei der Schlachtung mit einem Strick festhalten sollten, die sich jedoch losrissen und wegliefen. Das Einfangen war verständlicherweise nicht immer einfach. Nach dem Schlachten wurden Teile des Schweins sofort zu Wurst verarbeitet. Für Anwesende wurden als Probe "Piipwüerschkes" (Probierwürstchen) eigens hergestellt. Wie Elisabeth Camps berichtete, kam der Name daher, dass sie vor dem Verzehr gekocht wurden. Der damals verwendete Naturdarm hielt den Druck oft nicht aushielt. Er platzte und "piipte" dabei.
Nach zwei Stunden des Schmausens und Erzählens endete der Abend, der bei vielen neue Eindrücke aus früherer Zeit hinterließ.