Nettetal Gesamtschule feiert 25-Jähriges

Nettetal · Bei ihrer Gründung 1992 hatte die Breyeller Einrichtung einen schweren Stand. Die Lehrer sahen sich Vorurteilen gegenüber. Heute muss die Schule Kinder abweisen. Drei Schulleiter ziehen eine positive Bilanz

 Treffen von drei der bisherigen Leiter der Gesamtschule (v.l.): Angelika Eller-Hofmann, Irene Sieker und Roland Schiefelbein.

Treffen von drei der bisherigen Leiter der Gesamtschule (v.l.): Angelika Eller-Hofmann, Irene Sieker und Roland Schiefelbein.

Foto: Jörg Knappe

Die städtische Gesamtschule Nettetal in Breyell feiert jetzt ihr 25-jähriges Bestehen. Anlass für die ehemaligen Schulleiter Roland Schiefelbein (67) und Angelika Eller-Hofmann (48) sowie die derzeitige kommissarische Leiterin Ingrid Sieker (57) für ein gemeinsames Treffen mit Rückblicken und Ausblicken. Dabei klingen auch ernste Töne an.

Schiefelbein war von 1997 bis 2014 Schulleiter. Nach seiner Pensionierung übernahm Eller-Hofmann, 2017 wechselte sie als Dezernentin zur Bezirksregierung. Seitdem leitet Sieker kommissarisch die Schule. "Natürlich ist etwas ganz Besonderes, dass wir den Titel 'Starke Schule' als eine der drei besten Schulen in Deutschland verliehen bekamen", sagt Eller-Hofmann. Ein ganzheitliches pädagogisches Konzept, intensive Berufsvorbereitung und individuelle Förderung nach dem Inklusionsprinzip waren die Kriterien für die Auszeichnung. Auch Markenzeichen der Schule wie Berufseinstiegsbegleitung oder Technikförderung in der Oberstufe finden Erwähnung. "Doch eigentlich ist prägend für unsere Schule und unser pädagogisches Konzept, dass wir jeden Schüler individuell fördern wollen und ebenfalls auf die Gemeinschaft von Schülern, Kollegium und Eltern setzen", sagt Schiefelbein.

Dabei stand der Start der Gesamtschule 1992 nicht unter einem günstigen Stern: "Die Schule hatte damals einen schweren Stand, so ein Gebilde war in der Schullandschaft mit Gymnasium, Realschule und Hauptschule hier nahezu unbekannt", erinnert sich Schiefelbein. Erster Schulleiter war damals Reinhard Thomas, der sich nach vier Jahren aus privaten Gründen aus dem Schuldienst verabschiedete. So bleibt Schiefelbein in der Erinnerung als der Leiter, der die Schule in 17 Jahren maßgeblich prägte: "Einschneidend war sicher die Entscheidung, dass wir 2000 den gemeinsamen Unterricht für behinderte und nicht behinderte Schüler einführten", sagt der 67-Jährige.

Die Inklusion war ein Novum in Nettetals Schullandschaft. "Wir selbst hatten ja auch keine Erfahrung. Zum Lehrerkollegium kamen dann Fachleute wie Sonderpädagogen und Schulsozialarbeiter", sagt Schiefelbein. Er schmunzelt, als er sich an den ersten behinderten Schüler erinnert: "Julian nahm mich auf dem Flur in den Arm und rief 'Alter Schwede!'. So was war man als Lehrer nicht gewohnt."

Dass viele Schüler als Ehemalige der Schule verbunden bleiben, "freut uns sehr", sagt Sieker, die wie Eller-Hofmann 1998 an die Schule kam. Längst ist die Gesamtschule etabliert, leidet unter der großen Nachfrage: "Es macht uns zu schaffen, dass wir nicht alle angemeldeten Schüler annehmen können", sagt Sieker. Und doch wehrte man sich gegen Bestrebungen aus der Politik, die Schule um eine Dependance zu erweitern. Eller-Hofmann: "Stattdessen hat sich die Kooperation mit der Realschule unter dem Titel 'Nettetaler Schulweg' bewährt."

Was sich die drei wünschen, ist, wie Schiefelbein es formuliert, dass "gesamtgesellschaftlich sich mehr Akzeptanz für die Gesamtschule entwickelt". Noch immer würden manche Familie ihre Kinder aus Prinzip zum Gymnasium schicken. "Dabei geht es doch um die Frage, was das Beste für das Kind ist", sagt Schiefelbein. Solche Vorurteile habe man in den Gründerjahren noch stärker zu spüren gekommen: "Die Anmeldezahlen stiegen erst, als Prominenz aus dem Nettetaler Karneval ihre Kinder zu uns schickte. Da platze der Knoten."

(jobu)
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