Nettetal Gedenktag stärkt die Erinnerungskultur

Nettetal · Hauptschüler erinnern bei Holocaustgedenkfeier an die Verbrechen der Nazis und fordern eine freie Welt.

 Unter dem Motto "Freundschaft. Vertrauen. Freiheit" stand die Holocaust-Gedenkfeier. Zum Ende wurde vor der Alten Kirche ein Kranz niedergelegt.

Unter dem Motto "Freundschaft. Vertrauen. Freiheit" stand die Holocaust-Gedenkfeier. Zum Ende wurde vor der Alten Kirche ein Kranz niedergelegt.

Foto: Busch

Wie wichtig die Vermittlung einer Erinnerungskultur an Schüler ist, zeigt eine aktuelle EU-Studie: Ihr zufolge nimmt der sogenannte Alltags-Antisemitismus zu — auch in Deutschland. Aktuelle Entwicklungen wie die Rekrutierungsversuche rechtsradikaler Gruppen in den Fanszenen verschiedener hochklassiger Fußballvereine oder die Debatte um die Armutszuwanderung mit Vorurteilen gegen Volksgruppen zeigen, wie wichtig eine Sensibilisierung gerade von Jugendlichen bei den Themen Rassismus und Antisemitismus ist. Die Stadt Nettetal lässt seit Jahren reihum die weiterführenden Schulen in Nettetal den Holocaustgedenktag organisieren.

Bogen zu aktuellen Themen geschlagen

In diesem Jahr war es die Gemeinschaftshauptschule Am Ingenhovenpark in Lobberich, die die Gedenkveranstaltung in der Alten Kirche in Lobberich gestaltete. Sie stellte die Feier unter das Motto "Freundschaft. Vertrauen. Freiheit" und erinnerte an die Opfer des NS-Regimes. Die Hauptschüler schlugen zusätzlich einen Bogen zu aktuellen Themen.

Unter den Schülern sind zahlreiche Jugendliche aus Migrantenfamilien, darunter auch Muslime. Theoretisch könnten diese Schüler sagen: Wir haben damit nichts zu tun! Doch genau das möchte Lehrerin Irmgard Halama-Funke verhindern. Sie und ihre Kolleginnen binden alle Schüler ein, um ein "Bewusstsein dafür zu schaffen. Damit sie etwas mitnehmen." Deswegen wird in der zehnten Klasse das Buch "Die Welle" gelesen. Für Halama-Funke sind Themen wie der Alltags-Antisemitismus wichtig, sie möchte die Schüler dafür sensibilisieren. "Oft herrscht die Meinung vor, Hauptschüler hätten vom Holocaust keine Ahnung, wir zeigen das Gegenteil", sagt Halama-Funke.

"Sind eine Multikulti-Schule"

Inhaltlich haben die Schüler sich in verschiedenen Fächern mit dem Holocaust befasst. "Wir hatten die NS-Zeit im Geschichtsunterricht und haben uns in Religion und Philosophie auch damit beschäftigt", sagt Florian. Neben ihm stehen Haris und Georgios, sie sind in der zehnten Klasse. Nach eigener Aussage haben sie noch keinen Antisemitismus erlebt. "Wir sind eine Multikulti-Schule", sagt Georgios, "jeder kann mit jedem gut leben."

Für die Gedenkfeier haben sich Schüler und Lehrer viel Zeit genommen. Bereits eineinhalb Stunden vor der Veranstaltung trafen sich alle zur Probe in der Alten Kirche.

Einen aktuellen Bezug schufen die Schüler mit ihren Wünschen für eine Welt nach ihren Vorstellungen. Sie wünschen sich eine Welt, in der sie sein können, wie sie sind, lieben können, wen sie wollen, denken können, was sie denken wollen, und glauben können, woran sie wollen. Vor allem wünschen sie sich ein Leben in Freiheit, für alle.

Den jüdischen Brauch, einen Stein auf einem Grab abzulegen, adaptierten die Schüler für ihre Zwecke und formten mit kleinen weißen Kieseln am Ausgang der Alten Kirche einen ihrer Wünsche für eine friedliche Welt: Freiheit.

(RP)
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