Viersen Erstwähler löchern die Kandidaten

Viersen · Vertreter der sechs im Rat vertretenen Parteien und die vier Bürgermeister-Kandidaten stellten sich im Lobbericher Jugendzentrum "Arche" Fragen junger Wähler. Viele Jugendliche sind mit Bus- und Bahnverbindungen unzufrieden.

Als eine Gruppe Mädchen das Jugendheim Arche gegen kurz nach 20 Uhr verlässt, sagt eines von ihnen: "Ich muss jetzt erst mal auf den Bus warten". Der öffentliche Nahverkehr (ÖPNV) war eines der wichtigen Themen bei der Podiumsdiskussion zur Kommunalwahl im Jugendheim. Die vier Bürgermeisterkandidaten und die sechs im Rat vertretenen Parteien stellten sich hier den Fragen junger Nettetaler, unter ihnen waren viele Erstwähler.

Die Arche war überfüllt, sogar aus Grefrath und Viersen waren Jugendlichen gekommen. Vor der Diskussion erklärten die Schülersprecherinnen Jana Reese und Christiane König Grundzüge der Kommunalwahl und welche Aufgaben Bürgermeister, Stadtrat und Kreistag haben. Reese und König stellten mit Moderator Andreas Vollmert Fragen, die in 45 Sekunden beantwortet sein mussten. Das gelang nicht immer, aber es entwickelte sich eine kurzweilige Diskussion, die allerdings auch nicht immer in die Tiefe gehen konnte.

Deutlich wurde eines: Die Politik in Nettetal versucht auch im Wahlkampf, mit einer gemeinsamen Stimme zu sprechen, wenn es um Entscheidungen zugunsten Nettetals geht. Alle Politiker versprachen eine größere Jugendbeteiligung in der Politik. Das von Jugendlichen geforderte Jugendparlament "steht in unserem Programm", bestätigte Renate Dyck (SPD). Guido Gahlings (Grüne), Hans-Willy Troost (FDP) und Hans Overhage, forderten die Jugend aber auf, sich dort auch aktiv einzubringen. Nicole Schröder (WIN) unterstrich die Forderung ihrer Wählergemeinschaft nach einem Kommunalpolitischen Praktikum.

Für eine hitzige Debatte sorgten Klagen über schmutzige Schultoiletten. Die Politiker waren teilweise überrascht. Sie wähnten das Thema seit Jahren als erledigt. Das ist "richtig ekelig" hieß es aus dem Publikum. "Melden!" riet Ingo Heymann (CDU), "aber ihr müsst auch das Verhalten überdenken". Kinder und Jugendlichen seien nicht immer ganz unschuldig am Zustand der Toiletten. Dyck sprach von einem "populären und populistischen Thema, die Lage hat sich entspannt", geriet aber recht unwirsch in die 45-Sekunden-Zeitfalle.

Mit Blick auf Bus und Bahn fragten Jugendliche, warum in Nettetal nur das Young Ticket Plus (YT) und nicht das weiter reichende und günstigere Schokoticket zu haben ist. Auch die Taktung der Busse in Nettetal wurde moniert. Bürgermeister Christian Wagner (CDU) erklärte, das YT koste die Stadt etwa 400 000 Euro, das Schokoticket nochmals 300 000 Euro. Das sei angesichts der Haushaltslage nicht zu verantworten. Für späte Fahrten gebe es auch das Anrufsammeltaxi.

FDP-Bürgermeisterkandidat Johannes Peters ergänzte, die Stadt sei an erster Stelle nur für die Beförderung zur Schule gesetzlich verpflichtet. "Es kann nicht sein, dass zur Jugendherberge in Hinsbeck kein Bus fährt", warf Udo Moter ein, der für die SPD Bürgermeister werden möchte. Er will Ingo Heymann beim Wort nehmen, der darauf hingewiesen hatte, dass die "VRR-Strecken auf dem Prüfstand" stünden. Für Änderungen müssten im Rat Mehrheiten gefunden werden.

Fragen aus dem Publikum beendeten die Runde. "Warum hat ABN keine Frauen?" wollte jemand wissen. Hans Overhage reagierte auf die Frage überrascht. "Wir haben Frauen als Mitglieder, aber die möchten sich nicht aktiv beteiligen", sagte er. Mehr Barrierefreiheit in Nettetal forderte eine andere Schülerin. "Wir wollen Nettetal zur barrierefreien Stadt machen", erklärte Moter unter Hinweis auf das SPD-Wahlprogramm. "Wir sind einen Schritt weiter", schob Hajo Siemes, Bürgermeisterkandidat von WIN nach. "Durch unseren Antrag hat Nettetal eine Behindertenbeauftragte bekommen. Es ist ein Netzwerk entstanden. Eine Arbeitsgruppe ist in der Stadt unterwegs, um Hindernisse ausfindig zu machen."

(pepp)
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