Nettetal Mehr Steuereinnahmen durch Glücksspiel

Obwohl die Kommunen durch den neuen Glücksspielstaatsvertrag weniger Einnahmen erwarteten, ist die Summe in Nettetal auf rund eine Million Euro gestiegen. Vor zehn Jahren lag sie noch bei 210.000 Euro.

 Ein junger Mann spielt an einem Spielautomaten. 20 Prozent vom Einspielergebnis gehen an die Kommune. Außerdem kostet jeder einzelne Geldspielautomat eine monatliche Gebühr von 36 Euro.

Ein junger Mann spielt an einem Spielautomaten. 20 Prozent vom Einspielergebnis gehen an die Kommune. Außerdem kostet jeder einzelne Geldspielautomat eine monatliche Gebühr von 36 Euro.

Foto: dpa/Britta Pedersen

Rund eine Million Euro stehen im Haushaltsentwurf 2020 als Ansatz für Vergnügungssteuer inklusive Wettbürosteuer. Nachdem 2018 exakt 1.026.436 Euro eingenommen wurden, 2019 mit 850.000 Euro etwas weniger, erwartet Kämmerer Norbert Müller etwa eine Million Euro an Einnahmen vor allem aus dem Glücksspiel. Gegenüber der Gewerbesteuer von rund 18 Millionen Euro und der Grundsteuer B von 6,68 Millionen Euro erscheint dieser Betrag gering. Doch macht sie weit mehr aus als etwa die Hundesteuer (390.000 Euro) oder die Landwirtschaftliche Grundsteuer A mit 216.700 Euro.

Die Stadt Nettetal hat 2016 den Vergnügungssteuersatz erhöht. Das soll abschrecken, denn die Stadt will das Glücksspiel nicht fördern, weil es ein Suchtpotenzial hat. Verwundert stellt Müller heute fest, dass die Steuereinnahmen in diesem Bereich nicht zurückgegangen sind, sondern auf eine Million angestiegen sind.

Noch vor drei Jahren rechnete Müller mit sinkenden Einnahmen. Grund war der neue Glückspiel-Staatsvertrag, Nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren trat zum 1. Dezember 2017 eine neue Fassung in Kraft, die den Städten viel Arbeit bescherte und für die Betreiber von Spielhallen und Casinos weitreichende Folgen hat. Zu den neuen Kriterien gehört auch der Abstand. So dürfen nach dem neuen Staatsvertrag in Zukunft keine Spielhallen mehr bestehen, die weniger als 350 Meter Luftlinie voneinander entfernt sind. Ein weiteres Kriterium ist die Mehrfachkonzession. Für den Spielbetrieb unter einem Dach dürfe nur noch eine Konzession vergeben werden. Auch die Bezeichnung Casino wurde nicht mehr zugelassen. Stattdessen sollen die Glücksspielbetriebe als Spielhallen bezeichnet werden.

Im Jahr 2017 rechneten viele Berater vor, dass etliche Spielhallen schließen müssten. Heute nachgefragt, ergibt sich ein anderes Bild: Keine einzige Spielhalle in Nettetal wurde geschlossen. Alle sind weiter in Betrieb, und nach den Steuereinnahmen müssen die Umsätze in den Spielhallen entsprechend stark gestiegen sein.

In der Stadt Viersen hatte die Betreiberin einer Spielhalle geklagt, weil ihr die Stadt eine Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag verweigern wollte. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschied im März 2019, dass die Stadt Viersen ihr Auswahlverfahren für drei benachbarte Spielhallen wiederholen müsse. Auf Nachfrage war aus dem Rathaus zu erfahren, dass die Stadt Berufung gegen dieses Urteil eingelegt hat und das Verfahren jetzt vor dem Oberverwaltungsgericht neu verhandelt werden muss. Ein Termin ist noch nicht bekannt. Wie kompliziert der Staatsvertrag ist, zeigt die Urteilsbegründung: Die Stadt habe zwar grundsätzlich den Regelungen des Glücksspielrechts entsprochen, allerdings weise die Auswahlentscheidung Defizite auf, weil die konkrete vergleichende Abwägung fehle.

In Nettetal hat das Ordnungsamt 2017 alle Spielhallen geprüft. Juliana Schöngens vom Bereich Öffentliche Sicherheit und Ordnung erklärte 2017, dass für die Abstandsregeln auch Ausnahmen zulässig seien. Etwa dann, wenn die Schließung die wirtschaftliche Existenz des Betreibers bedrohen würde. Zudem müsse auch berücksichtigt werden, ob etwa langfristige Pachtverträge abgeschlossen worden seien.

In der Literatur geistert immer auch der Verdacht der Geldwäscherei herum. Gemeint ist das Problem, illegal erworbene Einnahmen nachträglich so aussehen zu lassen, als ob sie aus legalen Einnahmen gekommen wären. In den 1920er-Jahren erfand der Gangster Al Capone in den USA die Methode, indem er Waschsalons als legale Fassade betrieb. Als es für die Mafia um immer mehr Geld ging und sich in den 1940er-Jahren die Gesetzgebung änderte, entstanden in dem Wüstenstädtchen Las Vegas eine Reihe von Casinos. Doch Geldautomaten sind für Geldwäsche weniger geeignet, weil die Gewinnquote nur bei einem Drittel liegt. Außerdem gibt es keine Quittung für Gewinne.

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