Kunstszene Nettetal Eine Spraybanane für die Alte Fabrik

Kaldenkirchen · Ein Hauch Velvet Underground in Nettetal: Der Kölner Künstler Thomas Baumgärtel hat die kreative Adresse in Kaldenkirchen mit seiner berühmten Spray-Banane verziert.

 Vor der Alten Fabrik in Kaldenkirchen: Sprayer Thomas Baumgärtel mit Nicole und Mara Terstappen vor der Fassade mit der Spraybanane. Damit reiht sich die Alte Fabrik in die Liste von rund 4000 Museen und Galerien ein.

Vor der Alten Fabrik in Kaldenkirchen: Sprayer Thomas Baumgärtel mit Nicole und Mara Terstappen vor der Fassade mit der Spraybanane. Damit reiht sich die Alte Fabrik in die Liste von rund 4000 Museen und Galerien ein.

Foto: Terstappen

Die Fassaden von rund 4000 Museen und Kunstgalerien in ganz Deutschland und darüber hinaus hat der Kölner Künstler Thomas Baumgärtel bereits mit seiner Banane verziert. Jetzt ist auch die erste gesprayte Banane in Nettetal zu finden – an der Alten Fabrik an der Venloer Straße in Kaldenkirchen. Nicole Terstappen freut sich sehr über die Unterstützung und „Auszeichnung“ ihres Kulturortes Alte Fabrik.

Die Markierungen, mit denen Baumgärtel 1986 in Köln begann, waren anfangs eine subversive Spray-Aktion. Doch sehr schnell fühlten sich die Adressaten des Bananensprayers mit ihren kulturellen Institutionen „geadelt“. Nicole Terstappen, die unzählige Ausstellungen in der Alten Fabrik veranstaltete und heute dort eine Malschule für Kinder unterhält, hat vor Corona an den Wochenenden überall in Deutschland und den Niederlanden Ausstellungen besucht und ist schon lange ein Fan von Thomas Baumgärtel und seiner Spraybanane, die auch an das berühmte Plattencover der Band Velvet Underground mit der Banane von Andy Warhol anknüpft.

Die Begeisterung für Kunst und die Spraybanane hat ihre 18-jährige Tochter Mara zum Anlass genommen, Thomas Baumgärtel anzuschreiben, um ihm die Alte Fabrik und das Engagement ihrer Mutter für die Vermittlung von Kunst ans Herz zu legen. Und der Kölner Künstler war davon so angetan, dass er nicht lange fackelte und nach Kaldenkirchen kam.

Jetzt ziert die berühmte Spraybanane die Ziegelfassade der Alten Fabrik an der Venloer Straße. Coronabedingt findet dort zurzeit nichts statt, auch die Malschule hat geschlossen. Statt Kinder gehen aktuell Handwerker ein und aus, um während des Lockdowns notwendige Arbeiten in der Alten Fabrik auszuführen.

Die Fabrik wurde 1880 errichtet und diente als Tabakfabrik.  1920 gelangte das Gebäude in den Besitz der Familie Terstappen, die dort Matratzen fertigten. Während des Zweiten Weltkrieges wurden Matratzen für Lazarettbetten genäht. „Das war der Grund, warum mein Opa zum Glück nicht an die Front musste“, erzählt Nicole Terstappen. Ihr Vater hat dann in den 1960er-Jahren alles umgemodelt. Er folgte seiner Leidenschaft für Möbel, Mode und Stoffe. Fortan wurden dort Polstermöbel hergestellt. Ende der 60er-Jahre zog die Produktion nach Bracht um. Danach wurde die Alte Fabrik vermietet. Rund 25 Jahre organisierten die dänischen Modelabel Inmind und Martinique  von Kaldenkirchen aus ihren Deutschland-Vertrieb.

Seit 1995 stand die Alte Fabrik leer. Nicole Terstappen, die neben einer kaufmännischen Ausbildung und einem Sprachstudium auch Grafik studierte, begann, ihrer Leidenschaft für Kunst nachzugehen und die Alte Fabrik zu „bespielen“. Sie organisierte ein- bis zweimal im Jahr eine Ausstellung, dazu kamen Lesungen, Theatervorstellungen und Fototouren.

Die letzte große Ausstellung gab es zum 20-jährigen Bestehen 2015. Inzwischen hat sie bei der Stadt einen Bauantrag gestellt, um die Alte Fabrik im Erdgeschoss zu einer kulturellen Begegnungsstätte umbauen zu können. In den „Allzweckräumen“ könnten dann auch Lesungen der Bibliothek oder der Literaturtage für 150 bis 200 Gäste stattfinden.

Auf jeden Fall hofft Nicole Terstappen, dass die Corona-Zeit bald vorbei ist. Sie vermisst die Kinder ihrer Zeichenschule. Gerade im Lockdown mit dem digitalen Unterricht wäre es wichtig, wenn Kinder mit Papier und Bleistift ganz  „handwerklich“ arbeiteten. Die Auseinandersetzung mit Kunst verändere den Blick auf die Welt. Terstappen: „Mein Anliegen ist es, Kunst aus der elitären Nische herauszuholen und auch den Kunstbanausen zu integrieren.“

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