Nettetal Ein Trümmerhaufen namens Detlef

Nettetal · Auf dem Lambertimarkt bauten zehn Kinder aus dem Jugendzentrum Oase eine Figur aus 5000 Bauklötzen. Die Aktion "Archikulpturen" gehört zum kommunalen Projekt "Öffentlicher Kulturnahverkehr".

 5000 kleine Holzklötze verbauten die Kinder, um die Skulptur namens Detlef zu erschaffen.

5000 kleine Holzklötze verbauten die Kinder, um die Skulptur namens Detlef zu erschaffen.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Am Anfang war ein Bauklotz, später ein Kunstwerk und zum Schluss ein Trümmerhaufen: Eine Skulptur aus 5000 Holzklötzchen errichteten zehn junge Künstler aus dem Jugendzentrum Oase auf dem Lambertimarkt in Breyell. Unter Anleitung des Viersener Kulturpädagogen Garvin Dickhof war die Aktion Teil des kommunalen Projekts "Öffentlicher Kulturnahverkehr".

"Mann, Alter, der Turm ist fast fertig", staunt Orzol Bartosz. Der 13-Jährige hat Stein auf Stein in Kreisform gelegt, nach kaum zehn Minuten ist der Turm schon knapp einen Meter hoch. Doch tausende weiterer Bauklötze aus Kiefernholz, verstaut in fünf Mülltonnen, warten darauf, verarbeitet zu werden. "Das kann dauern!", stöhnt der gleichaltrige Nils Haly. Tatsächlich aber steht schon knapp drei Stunden später das Kunstwerk. Anerkennend nickt Garvin Dickhof: "Flott, die Jungs!"

Kurz nur hatte der Künstler den Jugendlichen das Prinzip erklären müssen: Zwei Fundamente aus je sieben Bauklötzen im Kreis, darüber jeweils weitere sieben genau über die Lücken, und wieder sieben Steine darauf. "Das ist der Probelauf, wenn's gut klappt, können wir darauf aufbauen", erklärte er. Alles sieht aus wie kreative Spielerei. Doch dahinter steckt viel mehr: "Es geht um Architektur und Skulptur, daher der Begriff Archikulptur", erläutert Dickhof.

Die Kinder sollen "spielerisch ein Gefühl für Statik und Ästhetik" bekommen: "Das schult die Motorik, fördert den Zusammenhalt im Team und nicht zuletzt die Geduld", sagt der Kulturpädagoge. Der Clou: Reichen die Steine nicht aus, müssen solche, die für die Statik keine Rolle spielen, der Figur entnommen und anderswo angebaut werden. Zunächst aber werden die beiden Türme oben in Art einer Brücke miteinander verbunden, unten zu Füßen verlängert: Fertig sind zwei Beine. Kurz darauf hat der Oberkörper Arme und den Kopf: "Der sieht irgendwie aus wie ein Detlef", ulkt die zehnjährige Baha Kornali.

"Ein bisschen Spaß gehört eben auch dazu", schmunzelt Eva Cappel vom Jugendzentrum Oase. Genau das steckt hinter dem Projekt "Öffentlicher Kulturnahverkehr": Jungen Menschen die Freude an der Vielfalt kultureller Möglichkeiten mit einem alten amerikanischenSchulbus nahebringen.

Als der Schulbus auf dem Lambertimarkt stand, staunten etliche Passanten: Detlef hat einen Hinterleib bekommen, er sieht aus wie ein Zentaur, jenes Mensch-Pferd-Wesen aus der griechischen Mythologie. Zum Weiterbau jedoch sind weitere Steine nötig: Sie werden vorsichtig den Hinterbeinen entnommen. Baha zieht zunächst zaghaft Stein um Stein heraus, dann immer flotter, schließlich kriecht sie mutig in das mittlerweile halbhohle Bein.

"Das hält nicht lange", ahnt Dickhof. Und tatsächlich: Plötzlich stürzt die Figur zusammen, die Künstler aus der Oase stieben auseinander und lachen: Detlef ist nur noch ein Trümmerhaufen. Aber auch das gehört zum Projekt Archikulpturen: Aufräumen. "Wer als Erster eine Tonne voll hat, bekommt in der Oase ein Eis", spornt Eva Kappel die Kinder an. In Windeseile verschwinden 5000 Bauklötzchen in Mülltonnen, die Kinder rennen zur Oase. Und auf dem Lambertimarkt steht Garvin Dickhof allein mit fünf Mülltonnen am alten Schulbus.

(RP/rl)
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