Nettetal Ein gutes Jahr für Äpfel

Nettetal · Die Obsternte könnte dank des ungewöhnlichen Wetters in diesem Jahr nah an bisherige Rekorde reichen. Doch die sehr frühe Reife vieler Fruchtsorten ist auch ein Fluch: Große Keltereien nehmen das Obst noch nicht an.

 Experte Günter Wessels mit seinen Helfern Fred Brewe (l.) und Walter Kramer vor einen Gloster-Apfelbaum. Viele Wiesen, die der Nabu betreut, sind in Privatbesitz. Der Ernteertrag kommt dem Verein zu.

Experte Günter Wessels mit seinen Helfern Fred Brewe (l.) und Walter Kramer vor einen Gloster-Apfelbaum. Viele Wiesen, die der Nabu betreut, sind in Privatbesitz. Der Ernteertrag kommt dem Verein zu.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Günter Wessels weiß nicht, ob er sich freuen oder sich Sorgen machen soll. Beides ist angebracht. Der Obstbaum-Experte vom Naturschutzbund (Nabu) kann derzeit auf einer Wiese in Hinsbeck Apfelsorten ernten, die normalerweise erst in einigen Wochen reif sein dürften. Auch Hauszwetschgen seien sehr früh dran, sagt Wessels. Doch noch ungewöhnlicher sei die Reife der ersten Birnen. "Die gesamte Obsternte ist rund vier Wochen früher dran, als üblich", sagt der Experte vom Nabu-Bezirksverband Krefeld und Viersen. Das bringt Probleme mit sich – angefangen beim Mangel an Erntehelfern, die so früh im Jahr nur schwer zu bekommen sind.

Die Ursache für den hohen Ertrag an den Bäumen sei die Kombination aus ungewöhnlich warmem und trockenem Frühjahr sowie kühlem, nassem Sommer, sagt Wessels. Denn das warme Wetter brachte einen frühen Blütezeitpunkt, extrem viele Blüten konnten befruchtet werden und Schädlinge, wie der Pilz Birnengitterrost, hatten bei der Trockenheit kaum Chancen, sich auszubreiten. "Viel Regen lässt die Früchte größer werden", sagt Wessels und meint besorgt: "Manche Apfelbäume tragen so viel, dass wir immer wieder Äste auf dem Boden finden, die unter der Last der Äpfel abgebrochen sind."

60 Tonnen Äpfel hat Wessels mit seinen Helfern von den vom Nabu betreuten Wiesen im Rekordjahr 2008 geerntet. Danach folgten zwei magere Jahre mit jeweils nur rund 10 Tonnen Apfelernte. In diesem Jahr rechnet Wessels mit 40 bis 50 Tonnen.

"Unser Problem ist aber, dass wir jetzt zwar dringend ernten müssten, die Äpfel aber noch gar nicht an die Keltereien loswerden können", sagt der Nabu-Experte. Die Firma van Nahmen im rund 80 Kilometer entfernten Hamminkeln (nördlicher Niederrhein) nimmt erst ab Anfang September Äpfel für die Mosterei an. Denn erst dann haben die saisonalen Apfelsorten ihr volles Aroma und den gewünschten Geschmack erreicht. "Das Obst ist jetzt, entgegen seinem Anschein, noch nicht ausgereift. Wir geben keinen zusätzlichen Zucker in den Saft, sondern arbeiten ausschließlich mit der fruchteigenen Süße. Würden wir die Äpfel jetzt schon vermosten, würde der Saft zu sauer werden", sagt Rainer van Nahmen, Inhaber des Familienbetriebes van Nahmen, an den der Nabu über den Raiffeisenmarkt in Dülken ausschließlich liefert.

Nabu-Experte Günter Wessels will sich jetzt mit einem Trick behelfen: Um bei der Ernte Zeit und Arbeitsschritte zu sparen, will er gleich mit großen 300-Kilo-Kisten vom Markt an die Bäume auf den Wiesen heranfahren – ohne die geernteten Äpfel erst in Säcke zu verpacken, sie dann in kleinen Kisten zum Markt zu transportieren und dort umzuladen.

Für das kommende Jahr rechnet Wessels bereits wieder mit einer geringeren Ernte. "Der Blüten- und Knospenansatz bildet sich jetzt heraus. Daran lässt sich abschätzen, wie die Ernte ausfallen wird. Es sei denn, das Wetter spielt wieder verrückt." FRAGE DES TAGES

(RP)
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