Nettetal Die Stadt wird älter

Nettetal · Auf der Grundlage mehrerer Datensammlungen hat die Stadtverwaltung den von der Politik geforderten Demographiekatalog jetzt vorgelegt. Nettetal wird künftig noch härter um die eigene Zukunft kämpfen müssen.

Als vor 40 Jahren die Stadt Nettetal gegründet wurde, begleiteten die hoch fliegenden Pläne um ein neues Stadtzentrum in Onnert gespannte Erwartungen zur Bevölkerungsentwicklung.

Nach dem Motto "darf's ein bisschen mehr sein?" gingen Prognosen weit über 50 000 Bürger in naher Zukunft hinaus. Der jetzt von der Verwaltung vorgelegte Demographiekatalog muss die Alarmglocken schrillen lassen. Nettetal vergreist und muss um seine heute noch vorzügliche Infrastruktur bangen.

Wie schlecht es um die Stadt bestellt ist, zeigen bereits einige wenige Zahlen. Seit 1996 hat Nettetal jährlich rund 130 Geburten weniger, die Zahl sank von einst annähernd 440 Neugeborene im Jahr auf 309 — Tendenz weiter sinkend. Darüber kann niemand hinwegsehen.

Denn dahinter drängt sich unweigerlich die Frage auf: Wie viele Kindergärten braucht Nettetal demnächst noch, wie viele Schulen muss es noch geben? Vor dem Hintergrund einer Finanzlage, die auf Jahre hinaus negativ bleiben wird, können Politik und Verwaltung sich nicht der Gefühlsduselei hingeben, dass jeder Stadtteil alle Kindergärten, Schulen und Jugendeinrichtungen behalten kann.

Werben um Familien

Doch muss die Stadt attraktiv bleiben für junge Menschen, die hier eine Familie gründen und sich dauerhaft niederlassen wollen. Das alte Rezept, man nehme eine grüne Wiese und mache sie zu Bauland, wird nicht mehr aufgehen. Bereits in den 1990er-Jahren wäre dies schief gegangen. Aber der Fall der Mauer spülte so viele Neubürger auch nach Nettetal, dass die Schere zwischen sinkenden Geburten und steigenden Sterbefällen nicht richtig aufging.

Heute ist das anders. Die Sterberate und Abwanderungen vor allem der jüngeren Generation, die attraktiven Bildungsangeboten und Arbeitsplätzen folgt, zehrt an der Substanz Nettetals. Bis 2025 wird die Stadt etwa 0,5 Prozent ihrer Bevölkerung, die nur noch knapp über 42 000 Einwohner liegt, verlieren. Das ist ein Zeitraum, der genutzt werden muss.

Auf der einen Seite ist die Stadt in der Pflicht, einer älter werdenden Bürgerschaft — die Zahl der über 80-Jährigen wird enorm wachsen — geeignete Wohnformen und passgenaue Daseinsvorsorge zu liefern. Andererseits muss sie bedacht sein, jungen Menschen überzeugende Lebensgrundlagen im immer härter werdenden Wettbewerbe zwischen den Kommunen und Regionen zu bieten.

Wie anfällig ein Ort ist, dessen Infrastruktur schleichend zugrunde geht, ohne dass korrigierend eingegriffen wird, zeigt sich in Leuth. Das Dorf wandelte sich in eine Wohnsiedlung. Seit 1996 gingen 263 Einwohner verloren. Die alte Mischung aus bäuerlicher Grundstruktur, Handwerk, Handel und Kleinbürgertum ist weg. Der Demographiekatalog wird die Bibel für Kommunalpolitik werden.

(RP)
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