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Nettetal Sprachunterricht für Integration

Nettetal · Sprache ist das beste Mittel zur Integration — davon ist Anestis Ioannidis überzeugt. Er bietet Förderkurse für Grundschüler an.

 Lehrerin Clea Christen unterrichtet im Sprachförderkursus an der katholischen Grundschule Breyell in kleinen Gruppen, insgesamt 26 Schüler.

Lehrerin Clea Christen unterrichtet im Sprachförderkursus an der katholischen Grundschule Breyell in kleinen Gruppen, insgesamt 26 Schüler.

Foto: Knappe, Joerg (jkn)

Anestis Ioannidis weiß aus eigener Erfahrung, wovon er spricht. Mit 13 Jahren kam der heutige Vorsitzende des Hilfsvereins Human Plus mit seinen Eltern aus Griechenland nach Nettetal. Er hatte keine Freunde, konnte die Sprache nicht und starrte deswegen im Unterricht die meiste Zeit nur in die Luft. „Das erste Jahr war grässlich“, erinnert sich der 60-Jährige. Der Schulleiter griff ein und bat eine pensionierte Lehrerin, Ioannidis Deutsch beizubringen. Das tat sie, vier Jahre lang, montags bis samstags jeweils von 15 bis 17 Uhr. Heute ist es Ioannidis, der Deutschkurse für Grundschulkinder organisiert. „Ich nehme das zum Vorbild, was ich durchlebt habe“, sagt der Lobbericher.

Die ersten Kurse starteten im Oktober 2015 mit 25 Flüchtlingskindern in der Gemeinschaftsgrundschule (GGS) Breyell. Sieben angehende oder pensionierte Lehrer boten dafür ihre Freizeit an, jeden Tag zwei Stunden lang nach dem normalen Unterricht der Kinder. „Viele der Schüler waren traumatisiert“, berichtet Ioannidis. Das Eis brach einer der Lehrer, indem er sich mit einer Gitarre vor die Schüler setzte und anfing, Musik zu spielen. „Die Kinder sind mit jedem Tag mehr aufgeblüht“, sagt Ioannidis.

Längst ist das Projekt gewachsen. Inzwischen werden die Kurse nicht nur in der GGS Breyell, sondern auch in der katholischen Grundschule Breyell sowie der Grundschule Kaldenkirchen angeboten. 54 Kinder werden derzeit in Vierer- bis Fünfergruppen betreut, im Laufe der Zeit waren es rund 100. Dabei werden nicht mehr nur Kinder mit Migrationshintergrund berücksichtigt. „Ein Drittel stammt aus bildungsfernen Familien“, sagt Ioannidis. Bei wem es Defizite gibt, den schlagen die Lehrer vor. „Der Bedarf ist groß“, sagt Ioannidis.

Für ihn ist es wichtig, dass die Schüler nicht nur intensiv die Sprache lernen, sondern auch bei gemeinsamen Aktivitäten wie Festen, einem Bibliotheks- oder Theaterbesuch Kontakte knüpfen und Freundschaften schließen. „Die Kinder sollen sich mit Deutschland identifizieren, dann entstehen auch keine Parallelgesellschaften“, sagt Ioannidis. Darum sei es so wichtig, die Kinder früh zu erreichen: „In weiterführenden Schulen ist es zu spät.“

Der Erfolg sei messbar, berichtet Ioannidis. So würden aus den aktuellen Förderkursen an der GGS Breyell ab dem Sommer sogar vier Kinder auf die Realschule und ein Schüler aufs Gymnasium wechseln. „Das ist ein Riesenerfolg“, sagt Ioannidis.

20 Euro pro Stunde erhalten die Lehrkräfte. Das sind mehr als 2000 Euro an Kosten jeden Monat, sagt Ioannidis, derzeit durch den Verein und Sponsoren abgedeckt. „Auch andere Grundschulen haben Interesse, aber die finanziellen Mittel sind gering“, sagt Ioannidis. Er hofft darauf, Familienunternehmen als Partner zu gewinnen, auch im Hinblick auf spätere Ausbildungsplätze für die Schüler. Daneben plant er eine Kooperation mit Bundesligaspielern. Die sollen Patenschaften für Grundschulen übernehmen. Ioannidis: „Dazu stehe ich in Kontakt mit vier Vereinen in NRW.“

(emy)
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