Nettetal Denkmaltag: Von Revolution keine Spur

Nettetal · Der Beginn war "schaurig", doch dann konnten die Regenschirme wieder eingezogen werden und die Radler ihre Regenumhänge einpacken: Zum "Tag des Denkmals" hatten sich auf dem alten Marktplatz vor dem früheren Rathaus rund 60 an Stadtgeschichte Interessierte eingefunden, die dann mit Dr. Theo Optendrenk durch Lobberichs Zentrum gingen oder mit Hans-Wilhelm Bäumges die Denkmäler rund um Lobberich erradelten (Hagelkreuz, Burg Bocholtz usw.).

 Die renovierten Häuschen am Haupteingang zum Lobbericher Friedhof waren gestern am "Tag des offenen Denkmals" auch ein Ziel für die Besucher. In den 1950er Jahren stand in einem von ihnen der Schreibtisch des zuständigen Mitarbeiters der städtischen Friedhofsverwaltung.

Die renovierten Häuschen am Haupteingang zum Lobbericher Friedhof waren gestern am "Tag des offenen Denkmals" auch ein Ziel für die Besucher. In den 1950er Jahren stand in einem von ihnen der Schreibtisch des zuständigen Mitarbeiters der städtischen Friedhofsverwaltung.

Foto: BUSCH

1848er Revolution ausgefallen

Das bundesweite Motto des Denkmaltages "Romantik, Realismus, Revolution — Das 19. Jahrhundert" traf nicht in allen Facetten auf Lobberich zu, denn "es gibt nicht die mindeste Spur von Aufregung in Lobberich", meldete pflichtgemäß der Bürgermeister Johann-Heinrich Kessels dem Landrat in Kempen.

War also in Lobberich die 1848er Revolution schlichtweg ausgefallen, so setzte bald die Industrielle Revolution ein, die "Lobberich viel stärker geprägt hat als die Nachbargemeinden", sagte Optendrenk: "Sie hatte für Wachstum und Wohlstand eine entscheidende Bedeutung".

Ein Zeugnis dieses Wohlstandes ist das bis vor einem Jahrzehnt noch genutzte Rathausgebäude, das ab den 1860er Jahren nach und nach errichtet wurde. "Da hub man an zu Lobberichs Zier", heißt es in der Grundsteinurkunde, die erst 2002 bei Umbauarbeiten wiedergefunden wurde. Ein weiteres Zeugnis ist das Haus Erlenbruch, das der Textilfabrikant Julius Niedieck im Park neben der Burg Ingenhoven errichtete, auf der sein Bruder Carl wohnte.

Seine Erläuterungen zu Marktplatz ("heterogene Bebauung"), Bongartzstift ("errichtet von wohltätiger Familie"), Hotel Stadt Lobberich ("fast 400 Jahre altes Gasthaus, einst mit Pferdepoststation") und Burg Ingenhoven würzte Optendrenk mit zahlreichen Anekdoten, so dass jeder Hauch von trockener Geschichtsstunde vertrieben wurde. In der Alten Kirche, in der zahlreiche historische Fotos ausgestellt waren, stellte Greta van der Beek-Optendrenk anhand zahlreicher Schautafeln die Entwicklung Lobberichs dar.

"Man soll sich auch für die Geschichte des Nachbarn interessieren, ich finde das sehr interessant", meinte Angela Wegers aus Breyell, die gleich einen zu Besuch weilenden Bekannten aus Kanada mitgebracht hatte. Aus Erkelenz war der Altlobbericher Ludwig Böllertz (früher Steinstraße) mit seiner Frau Änne (geb. Kother, Kempener Str. 1) gekommen, um noch mal etwas über die Burg Ingenhoven zu erfahren: "Hier haben wir uns kennen gelernt".

Auf reges Interesse stießen auch die Führungen über den Friedhof (Ewald Meier) und durch die neue Pfarrkirche St. Sebastian (Karl Hörnschemeyer). Und in Gaststätten und Cafés gab es Rheinisch-Deftiges" zu essen — ganz frisch zubereitet ohne Denkmalcharakter.

(mme)
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