Nettetal Demenz erfordert besondere Sensibilität

Nettetal · Das Nettetaler Krankenhaus hat in einem Projekt ein Konzept zum Umgang mit Patienten entwickelt, die auch an Demenz erkrankt sind. Professionell kann die Arbeit aber nur mit finanzieller Unterstützung fortgesetzt werden.

Bis zu 1,5 Millionen Menschen sind heute in Deutschland an Demenz erkrankt. Ihre Versorgung stellt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels die Gesundheit vor eine große Belastungsprobe. Das Gesundheits- und Sozialwesen muss sich den Entwicklungen in immer schnelleren Rhythmen anpassen. Nach Prognosen soll sich die Zahl der an Demenz erkrankten Menschen bis zum Jahr 2050 im Vergleich zu heute verdoppeln.

Im September des vergangenen Jahres startete Nettetaler Krankenhaus eine auf drei Monate ausgelegte Testphase für ein Betreuungskonzept. Entwickelt wurde es im Rahmen des neuen Demenzprojekts, das im Nettetaler Krankenhaus vom Landesministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter gefördert wird. Dass an Demenz erkrankte Menschen individuell betreut werden, hat einen besonders hohen Stellenwert im Nettetaler Krankenhaus. Das gilt auch für die Angehörigen.

Dazu trug vor allem das von Heike Weinmann initiierte Demenzprojekt bei. Sie ist Lehrerin für Pflegeberufe und Demenzexpertin. "Wir sind uns seit langem bewusst, dass wir uns vermehrt auf akute Patienten mit kognitiven Einschränkungen, also Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit, einstellen müssen", berichtet sie. Alle Mitarbeiter des Krankenhauses, die pflegerische Aufgaben wahrnehmen, werden seit Einführung des Projektes durch einen Praxisbegleiter stationsbezogen geschult. Ziel ist es zu erreichen, dass die tradierten Verfahren und bei Bedarf geändert werden können.

"Der größte Teil dieser Schulungen zielt darauf ab, dass sich die betreffenden Pflegekräfte in das Erleben von kognitiv eingeschränkten Menschen besser einfühlen können", erklärt Heike Weinmann. Dies sei kein einfacher Prozess für die Mitarbeiter, weil sich gesunde Menschen durch sehr viele Eindrücke und Aufgaben ablenken ließen. "Lässt man sich darauf ein, entstehen wertvolle Momente der Erkenntnis, und der Umgang lässt sich mit kognitiv beeinträchtigten Menschen besser ableiten", ergänzt die Demenzexpertin.

Diesen Ansatz nutzt das Krankenhaus seit einigen Jahren bereits gezielt bei der Mobilisation von Patienten. Dozenten bieten spezielle Schulungen zur kinästhetischen Mobilisation an. So kann ein in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkter Mensch lernen, wie er seine eigenen kognitiven Kompetenzen erweitern kann.

Das Projekt will aber auch pflegende Angehörige unterstützen, damit der Alltag zuhause gut gelingt. Daher findet seitdem auch ein Pflegetraining für Angehörige statt. Zusätzlich bietet das Krankenhaus Pflegekurse zur Erweiterung der pflegerischen Kompetenz an, die dem Zweck dienen, den Umgang mit Menschen mit Demenz zu verbessern.

Im Jahre 2013 organisierte das Nettetaler Krankenhaus innerbetriebliche Schulungen. Es nimmt am Projekt "Förderung der Umsetzung des demenzsensiblen Versorgungskonzepts" teil. So wurde im vergangenen Jahr eine "Klängerrunde" für eingeschränkte Patienten während ihres Krankenhausaufenthaltes eingerichtet. In diesem Zusammenhang ist das Haus um weitere Unterstützung bemüht. Die infrage kommenden Patienten sollen ihr Essen unter möglichst geringem Stress einnehmen können. Der Förderverein des Krankenhauses finanzierte den Kauf von Beschäftigungsmaterial, eine Ergotherapeutin bot täglich Übungen an. Das Projekt ist mittlerweile abgeschlossen. "Aber wir haben festgestellt, dass es ohne eine zusätzliche hauptamtliche Kraft nicht umzusetzen ist. Die Politik kennt dieses Problem", sagt Heike Weinmann. In Berlin werde nun geprüft, ob Krankenhäuser künftig Betreuungsassistenten einsetzen können und ob sie finanziert werden. Ist dies möglich, will das Nettetaler Krankenhaus seine bisher gemachten Erfahrungen einarbeiten.

(ivb)
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