Kreis Viersen Chancengleichheit für Bauern

Kreis Viersen · Welche Zukunft hat die Landwirtschaft in der Region angesichts globalen Preisdrucks und widerstrebender Agrar-Interessen in der EU? Dies war Thema einer Diskussion in der Volkshochschule. Das Kürzel der Hoffnung lautet "GAP".

Wenn es um Agrarpolitik geht, weiß Karl Heinz Florenz, wovon er redet. Denn der Politiker und Europaparlamentarier (CDU) ist gleichzeitig Landwirt. Was das Brüsseler Parlament als Konglomerat aus 27 Staaten beschließt, spürt er auf dem heimischen Hof in Neukirchen-Vluyn selbst. Und Florenz ist nicht immer begeistert. Darum setzt nicht nur er große Hoffnung in die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU, die – wieder einmal – vor einer großen Reform steht. Sie soll Ende 2013 verabschiedet werden. Wie sie aussehen wird, ist derzeit Gegenstand intensiver Diskussionen - so auch in der Kreis-VHS, wo Florenz am Freitag referierte.

Anstieg der Weltbevölkerung

Die neue GAP soll Antworten auf große Herausforderungen liefern: Sie soll Ernährungssicherheit geben, denn der Bedarf an landwirtschaftlichen Erzeugnissen wird aufgrund des Anstiegs der Weltbevölkerung und veränderter Essgewohnheiten bis 2030 um 50 Prozent und bis 2050 um 70 Prozent zunehmen. Parallel dazu muss die Landwirtschaft die Herausforderungen des Klimawandels bewältigen, nachhaltig und ressourcenschonend produzieren, die Kulturlandschaft pflegen - und natürlich qualitativ hochwertige Lebensmittel zu günstigen Preisen anbieten. Die künftige GAP der EU muss darum vor allem neue Schwerpunkte in der Förderpraxis setzen. Lange Zeit war die Förderung von der Menge abhängig – was zu gewaltigen Überproduktionen führte. Das ist seit 2005 anders. In Zukunft müssen die Ausgleichszahlungen auch an Umweltstandards gekoppelt werden, fordert Florenz. Deutschland hat hier – anders als viele andere EU-Staaten – schon einiges an Hausaufgaben gemacht. Wer als Landwirt Fördergelder haben will, muss eine Fülle von Vorschriften zu Umwelt- und Tierschutz sowie Lebens- und Futtermittelsicherheit beachten. "Aber Pflanzenschutz, Düngemittelverordnung und Wasserschutzgebiete kennt der Kollege in Spanien nicht", weist Florenz auf ein innereuropäisches Ungleichgewicht hin. Ein Gemüsebauer aus Brüggen, der im Publikum sitzt, kann davon ein Lied singen. Er baut Porree, Kohlrabi, Wirsing und Sellerie für den europäischen Markt an. Er produziert in einem Wasserschutzgebiet – das bedeutet erheblichen Aufwand und höhere Stückkosten. Mit diesem Wettbewerbsnachteil muss er gegen Konkurrenten aus anderen EU-Ländern antreten, die die deutschen Standards noch nicht umgesetzt haben und darum wesentlich billiger produzieren. Darum hofft der Brüggener, dass die GAP-Reform hier mehr Chancengleichheit bringt. Natürlich kann Politik nicht alles regeln. "Wir müssen einen Bewusstseinsprozess über Lebensmittel in Gang setzen", betont Florenz. "Wenn ein Liter Mineralwasser teurer ist als ein Liter Milch, dann kann etwas nicht stimmen." FRAGE DES TAGES

(RP)
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