Nettetal CDU rückt von Wagner ab

Nettetal · Die Fraktion lehnt nach einer internen Klausur ein eigenes Jugendamt ab, weil ihr die finanziellen Risiken zu groß sind. Bürgermeister Christian Wagner muss sich nun auf Mehrheiten im anderen politischen Lager stützen.

Die CDU-Fraktion verweigert Bürgermeister Christian Wagner die Gefolgschaft: 18 Mitglieder lehnten am Ende einer Klausur am Samstag die Bildung eines eigenen Jugendamtes ab. Lediglich drei CDU-Politiker wollen ein Jugendamt haben. "Überzeugt ist aber wohl nur einer wirklich", hieß es in Fraktionskreisen anschließend.

Seit Jahren verfolgt Christian Wagner beharrlich das Ziel, ein eigenes Jugendamt in Nettetal zu installieren. Es ist heute beim Kreis Viersen angesiedelt. Im Kreisgebiet haben Viersen, Kempen und Willich eigene Jugendämter. Alle anderen Kommunen versorgt der Kreis. Auf der Grundlage eigener Vorarbeiten und gestützt auf einer von der Stadt bei der Hochschule Niederrhein in Auftrag gegebenen Studie will der Bürgermeister nun auch das eigene Jugendamt. Heute berät der Fachausschuss, am 16. Dezember soll der Rat entscheiden.

Ungewisse Verhältnisse

Doch klare Mehrheiten gibt es im Rat jetzt nicht, auch wenn SPD, FDP, Grüne und WIN in der Vergangenheit mehr oder minder deutlich erkennen ließen, dass sie Wagners Ziel unterstützen. Die ABK hat sich öffentlich noch nicht festgelegt. In der CDU-Fraktion hatte es von vornherein stets Widerstand gegeben. Zeitweilig war immerhin die Hälfte dafür, die andere Hälfte dagegen. Dies veranlasste die Union, sich auf eine vertiefte Beschäftigung mit dem herzlich ungeliebten Thema überhaupt einzulassen.

Die "abschließende Diskussion" gab es in der Klausur. "Die übergroße Mehrheit unserer Ratsmitglieder ist für die Fortsetzung der Aufgabenwahrnehmung durch das Jugendamt des Kreises Viersen", erklärt Fraktionsvorsitzende Günter Werner. In der Klausur sei die finanzielle und organisatorische Umsetzung diskutiert worden. Guido Royé, einer der Autoren der Hochschul-Studie, konnte die CDU nicht überzeugen. "Die von Experten der Hochschule Niederrhein angefertigte Machbarkeitsstudie konnte keine Argumente vorlegen, die die finanziellen Risiken aus Sicht der meisten Fraktionsmitglieder ausgeräumt hätten", sagt Werner.

Ausschlaggebend waren die unkalkulierbaren finanziellen Risiken und die miserable Haushaltssituation der Stadt, die mit vollem Galopp auf die Haushaltssicherung zusteuert. Konkrete Botschaften dürften die Begeisterung für ein Jugendamt in der CDU auf den Gefrierpunkt abgekühlt haben: Der ohnehin hoch defizitäre Haushalt 2010 wurde zusätzlich um 1,5 Millionen Euro belastet, weil die Ausgaben des Kreisjugendamts unvorhersehbar gestiegen sind.

Diese finanziellen Risiken erscheinen der CDU zu hoch. In der Solidargemeinschaft des Kreises fühlt sie sich besser aufgehoben. Deshalb sei die CDU mehrheitlich dafür, das Jugendamt beim Kreis zu belassen, erklärt Fraktionschef Werner. Der Sitz sei heute neben dem Rathaus. "So sind kurze Wege auch weiterhin gewährleistet."

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(RP)
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