Naturschutz im Grenzland Uneinsichtige Besucher schaden der Natur

Brüggen · Der zweite Lockdown sorgt für immer mehr Probleme im Naturpark Schwalm-Nette. Im Naturschutzgebiet Brachter Wald steigen die Besucherzahlen extrem – und nicht alle Waldgenießer verhalten sich der Natur entsprechend.

 Freilaufende Hunde sorgten im Corona-Jahr durch alle Jahreszeiten hinweg für Probleme. Dieser Hund scheuchte seinerzeit am Gewässerrand brütende Vögel auf. In Naturschutzgebieten gilt eine Anleinpflicht.

Freilaufende Hunde sorgten im Corona-Jahr durch alle Jahreszeiten hinweg für Probleme. Dieser Hund scheuchte seinerzeit am Gewässerrand brütende Vögel auf. In Naturschutzgebieten gilt eine Anleinpflicht.

Foto: Antonius Kiwall

Wenn Antonius Kiwall im Brachter Wald unterwegs ist, dann vergeht dem Jagdaufseher die gute Laune, die er ansonsten bei einer Wanderung durch das an der Grenze zu den Niederlanden liegende Naturschutzgebiet hat. „Beim ersten Lockdown war gerade auf den Premiumwanderwegen der Teufel los. Der nunmehr zweite Lockdown schlägt das nun um Längen und zwar auf allen Wegen. Die größte Problematik ist aber, dass sich die Besucher nicht an die Vorschriften eines Naturschutzgebietes halten“, sagt Kiwall.

Ein extremes Problem sind die freilaufenden Hunde. In einem Naturschutzgebiet gilt generell eine Anleinpflicht, auch wenn die Hunde ordnungsgemäß auf einem Weg laufen. Doch das scheinen die meisten Besucher, die mit Hund anreisen, nicht wissen zu wollen. Freilaufende Hunde rennen abseits der Wege, scheuchen Wild auf und jagen es teilweise. Kiwall hat schon zwei zu Tode gehetzte Rehe gefunden. „Letztlich traf ich einen Hundebesitzer, der seinen Hund in aller Ruhe im und am Gewässer die dortigen Gänse jagen ließ. Auf eine Ansprache meinerseits reagierte der Hundebesitzer massiv aggressiv“, berichtet der Jagdaufseher.

Vor dem Hintergrund, dass die Aggressivität bei Besuchern, wenn sie auf ihr Fehlverhalten hin angesprochen werden, steigt, macht Kiwall seine Runden durch den Brachter Wald mittlerweile nur noch zu zweit. Ein Kollege von der Jagd ist immer dabei. Kiwall und seine Kollegen arbeiten freundlich aufklärend und nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Etliche Besucher zeigen sich einsichtig, zumindest solange sie in Blickweite von Kiwall und Kollegen sind. Wenn sie dann aber meinen, sie würden nicht mehr gesehen, leinen die Hundebesitzer erneut ab. „Wir können es durch das Fernglas sehen oder treffen die gleichen Personen oftmals ein zweites Mal beim gleichen Vergehen“, berichtet Kiwall.

Dass im Naturschutzgebiet eine Pflicht besteht, auf den Wegen zu bleiben und außerhalb der Wege ein Betretungsverbot besteht, ist bei vielen Besuchern ebenfalls noch nicht angekommen. Sie laufen abseits der Wege, queren schützenswerte Heidegebiete und trampeln an empfindlichen Feuchtgebieten entlang. Das gilt auch für Mountainbikefahrer sowie Reiter, die ebenfalls meinen, sie können quer durch die Natur fahren oder reiten. Mittlerweile sind sogar Motorcross- und Quadfahrer im Wald anzutreffen, wobei diese dort gar nichts verloren haben.

Etliche Besucher hinterlassen zudem ihren Müll in Form von Lebensmittelverpackungen, Trinkbechern und Co. Kiwall, der regelmäßig Müll einsammelt, hat sich am vergangenen Sonntagnachmittag die Zeit genommen und sich mit einem Kollegen in der Nähe der ehemaligen Tonwaage positioniert und Besucher gezählt. Von seinem Standpunkt aus zählte er 68 Besucher. 14 davon mit Hund, von denen zehn Hunde nicht angeleint waren. „Das Problem ist die Rücksichtslosigkeit, mit der die Besucher vorgehen. Sie sehen nur sich und ihre eigenen Belange. Würde jeder ein wenig Rücksicht nehmen und sich an die für alle geltenden Regeln halten, dann hätten wir die Probleme, die unsere Naturschutzgebiete durch die Menschenmassen haben, nicht“, sagt Kiwall.

 Kein Zufallstreffer, sondern immer öfter auftretende bittere Realität: Motor-Cross-Fahrer, die im Naturschutzgebiet Brachter Wald ihre Runden drehen.

Kein Zufallstreffer, sondern immer öfter auftretende bittere Realität: Motor-Cross-Fahrer, die im Naturschutzgebiet Brachter Wald ihre Runden drehen.

Foto: Antonius Kiwall

Dem kam Philippe Niebling von der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Viersen nur zustimmen. „Wir erleben Dinge, die es vor Corona nicht gegeben hat“, sagt Niebling. Er spricht von Kolonnen von Menschen, die durch die Wälder ziehen. Viele kommen dabei aus Städten wie Düsseldorf, Duisburg und Neuss. Das Parkverhalten ist oftmals so, dass nicht auf den ausgewiesenen Wanderparkplätzen geparkt wird, sondern an den Rändern der Straßen, die in den Wald führen. Er selbst erlebte es bereits, dass einer der Premiumwanderwege mit dem Auto abgefahren wurde. Inzwischen gibt es Kontrollen in den Naturschutzgebieten und Vergehen werden entsprechend geahndet. „Wir als Ordnungsbehörde verfolgen die Vergehen. Wir bekommen zudem die Informationen von der Polizei und gehen dem entsprechend nach. Es kommt zu Verwarngeldern bis hin zu Bußgeldverfahren“, sagt Niebling. Auch er bittet die Besucher darum, auf die Natur zu achten.

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