Breyell Mit dem Gesellenbrief in die Zukunft

Breyell · Brhane Weldemichael Kidane kam vor sechs Jahren als Flüchtling ohne Deutschkenntnisse nach Nettetal. Nach einer dreijährigen Lehre arbeitet er heute als Fleischergeselle und steht auf eigenen Beinen.

 Peter Jacobs (links) mit seinem Gesellen Brhane Weldemichael Kidane.

Peter Jacobs (links) mit seinem Gesellen Brhane Weldemichael Kidane.

Foto: Knappe, Joerg (jkn)

Es ist nur ein einziges Wort, aber es lässt Brhane Weldemichael Kidane strahlen. „Gesellenbrief“ ist auf der Urkunde zu lesen, die er seit einigen Tagen sein eigen nennt. „Mein Gesellenbrief zum Fleischer“, sagt er voller Stolz und fügt im gleichen Atemzug an, dass er dies ohne die Hilfe seines Ausbildungsbetriebs und der Flüchtlingshilfe Nettetal nie geschafft hätte.

Denn sowohl von der Fleischerei von Peter Jacobs in Breyell als auch der Flüchtlingshilfe, hier allen voran Christa Bohris und Anneliese Zanders, gab es Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache. Als Kidane vor sechs Jahren aus Eritrea nach Deutschland kam, bemühte er sich sofort darum, die Sprache seines neuen Heimatlandes zu erlernen. Zu diesem Zeitpunkt als nicht anerkannter Flüchtling konnte er auf die ehrenamtlichen Sprachangebote der Flüchtlingshilfe Nettetal zurückgreifen. Mit Zanders machte er die ersten Schritte in Richtung der für ihn völlig fremden Sprache.

Nach zwei Jahren erhielt Kidane die Anerkennung, was wiederum bedeutete, dass er einen Integrationskurs zum Spracherwerb besuchen durfte. Daneben nutzte er aber weiterhin die sprachlichen Angebote durch die Flüchtlingshilfe. „Brhane fiel durch seinen Fleiß auf. Wir haben uns dann bemüht, einen Praktikumsplatz für ihn zu finden, damit der Weg in die Arbeitswelt gestartet werden konnte“, erzählt Bohris. Kidane, der in Eritrea auf einer Art Bauernhof gelebt hatte, äußerte den Wunsch, den Beruf des Fleischers zu ergreifen. „Frau Zanders und Frau Bohris kamen damals zusammen mit Herrn Kidane in unsere Metzgerei. Schon beim ersten Gespräch machte der junge Mann einen guten Eindruck auf mich“, erinnert sich Peter Jacobs.

So wurde aus dem Praktikum der Beginn einer Lehre. Keine einfache Sache, denn es galt Sprachbarrieren, gerade bei Fachbegriffen, zu überwinden. Die Praxis stellte kein Problem dar. „Was unser eritreischer Lehrling gezeigt bekam, behielt er. Er dachte immer mit und wollte sein Wissen ständig vergrößern“, berichtet Peter Jacobs. Das können nicht nur seine Frau Martina, ihres Zeichens Fleischereifachverkäuferin, und Tochter Christina Theven als Fleischermeisterin bestätigen. „Brhane ist die Freude an der Arbeit anzusehen. Wir alle haben ihn unterstützt und bei der Arbeit mit ihm Deutsch geübt“, erzählt Fleischermeisterin Christiane Erschfeld.

Nach drei Jahren Ausbildungszeit folgte die Gesellenprüfung in Theorie und Praxis. Der 35-Jährige musste im praktischen Teil unter anderem ein Menü kreieren und kochen sowie Fertiggerichte herstellen, ein halbes Rind zerlegen und Wurst herstellen. In der Theorie war von der Innung eine Beihilfe in Sachen Nachteilsausgleich befürwortet, aber von der Kammer abgelehnt worden. Das hieß: Der Eritreer ging ganz allein in den theoretischen Teil und bestand diesen ebenfalls. Peter Jacobs lobt das selbständige und präzise Arbeiten von seinem neuen Gesellen – und hat ihn nach der bestandenen Prüfung sofort übernommen. Einen zweiten Brhane würde er jederzeit wieder als Lehrling nehmen.

Kidane selber wünscht sich, dass andere Ausbildungsbetriebe ebenfalls so offen und hilfsbereit sind, wie er es bei der Metzgerei Jacobs erfahren hat. „Ich kenne viele Flüchtlinge, die ebenfalls gerne eine Lehre machen und arbeiten möchten. Die Praxis ist nicht so schwer, aber die Theorie. Da fehlt es einfach an Deutschkenntnissen und man kann es nur mit entsprechender Unterstützung schaffen“, sagt Kidane. „Wenn man alleine ist, schafft man es nicht. Mit Hilfe klappt es.“ Mit seinem Gesellenbrief hat er einen großen Schritt in seine Zukunft gemacht.

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