Nettetal Bestatter kritisieren Friedhofskultur

Nettetal · Immer mehr Bürger wollen sich außerhalb Nettetals beerdigen lassen. Bestatter Robert Hellmann legt einen Flyer über die verschiedenen Grabstätten in Nettetal vor und fordert neue Möglichkeiten von Beerdigungen.

 Grabreihen auf dem Friedhof Kaldenkirchen. Nach Auskunft der Bestattungsunternehmer lassen sich immer weniger Menschen in Nettetal beerdigen.

Grabreihen auf dem Friedhof Kaldenkirchen. Nach Auskunft der Bestattungsunternehmer lassen sich immer weniger Menschen in Nettetal beerdigen.

Foto: Burghardt Joachim

Als "wunderschöne Naturoasen und Begegnungsstätten" lobt Robert Hellmann die sechs kommunalen Friedhöfe in Nettetal. Kein gutes Haar hingegen lässt der Lobbericher Bestatter an der Nettetaler Beerdigungskultur: "Was die Stadt hier auf den Friedhöfen anbietet, ist nicht mehr zeitgemäß!".

Immer mehr Menschen bevorzugten Arten von Bestattungen, die auf Nettetals Friedhöfen nicht vorgesehen sind, sagt der Bestattungsunternehmer. Welche Beerdigungsarten hier zurzeit überhaupt möglich sind, darüber informiert nun ein Flyer.

"Da blickt doch niemand durch, was in dieser Friedhofsgebührensatzung steht", meinte Hellmann bei der Vorstellung des Flyers. Tatsächlich finden sich in der städtischen Satzung komplizierte Formulierungen wie: "Wer Leistungen der Verwaltung beauftragt, oder durch sie unmittelbar begünstigt wird", der sei "zur Zahlung der Gebühren", in diesem Fall der Friedhofsgebühren, "verpflichtet". Soll heißen: Wer in Nettetal jemanden bestatten lässt, muss dafür festgelegte Gebühren zahlen. Klingt einleuchtend, doch was zum Beispiel ein "Wahlgrab pflegefrei" überhaupt ist, wird in der Satzung nicht erklärt. Weshalb Hellmann und sein Mitarbeiter, Bestatter Michael Syben, "mal Transparenz in die Sache gebracht haben".

Zwölf verschiedene Grabstätten auf Fotos, jeweils mit Angaben zur Dauer des Nutzungsrechts und der anfallenden Gebühren, stellt der handliche Flyer vor. Klar darin erkennbar, dass ein "Urnenwahlgrab pflegefrei" mit Rasen bedeckt ist, die Grabgebühr dafür 2946 Euro beträgt - plus Kosten etwa für Benutzung der Kapelle und für die Bestattung. Aufgeführt ist auch die Urnenstele, bei der die Grabgebühr 2328 Euro beträgt. Doch diese Bestattungsart gibt es noch gar nicht in Nettetal.

"Laut Satzung ist die Stele in Nettetal vorgesehen, allerdings kommt die Stadt da nicht in die Gänge", kritisiert Hellmann. Tatsächlich ist die Stele noch Theorie: "Die Ausschreibungen sind angelaufen", heißt es dazu aus dem Rathaus. Im Grünflächenamt rechne man damit, "dass es etwa Ende des Jahres soweit" sei. Für Hellmann nur ein Beispiel dafür, wie "unbeweglich" die Stadt sei: "Die Möglichkeit, eine Urne in eine Wand oder Mauer einzulassen, gibt es in manchen anderen Kommunen längst."

Mangelhaft das Angebot, starr die Verwaltung, zu hoch die Kosten für Beerdigungen - darüber klagten die Bestatter Hellmann und Arno Helgers schon im vergangenen Jahr. Was man bei der Stadt gelassen sieht: Obwohl etwa die Gebühren für eine Urnenbestattung seit Beginn dieses Jahres um 47 Prozent angehoben wurden, habe es "keine nennenswerte Kritik" aus der Bürgerschaft gegeben, konstatiert Stadtsprecher Jan van der Velden. Für die Nettetaler Bestatter nicht verwunderlich: Die Menschen zögen halt die Konsequenzen und suchten anderswo nach alternativen und preiswerteren Bestattungsmöglichkeiten.

Das belegen die Statistiken: 425 Sterbefälle gibt es in der Seenstadt laut "Demographiekatalog Nettetal" durchschnittlich im Jahr, auf den kommunalen Friedhöfen fanden im letzten Jahr nach Angaben von van der Velden aber nur "rund 380 Beerdigungen" statt. So führt das Bestattungshaus Helgers mittlerweile "20 bis 30 Prozent der Beerdigungen außerhalb Nettetals durch, Tendenz steigend".

Bei Helgers deutet man an, vor allem der Naturbegräbniswald bei Venlo, wo Beerdigungen wesentlich preiswerter seien, aber auch Flussbestattungen in der Maas lägen im Trend. Ähnliche Tendenzen hat Hellmann ausgemacht. Zudem würden in Nettetal die kommunalen Friedhofskapellen immer weniger genutzt, die privaten Abschiedsräume der Bestatter indes seien sehr gefragt. Friedhöfe als "Naturoasen und Begegnungsstätten" zu unterhalten, reiche nicht - Hellmann: "Wir brauchen in Nettetal eine zeitgemäße Beerdigungskultur."

(jobu)
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