Ausstellung in Nettetal-Leuth Die leise Poesie des Unaufgeregten

Leuth · Der Kölner Fotograf Raffaele Horstmann stellt im Projektraum Kunst Busch8 aus.

 Raffaele Horstmann mit Barbara Schmitz Becker in Busch8.              

Raffaele Horstmann mit Barbara Schmitz Becker in Busch8.              

Foto: Heribert Brinkmann

Wer zum Projektraum Kunst Busch 8 kommt, betritt sowieso eine andere Welt. Am Freitag wurde eine Ausstellung mit Fotografien des jungen Kölner Fotografen Raffaele Horstmann eröffnet, die zum Träumen einladen. So jedenfalls der Titel der Ausstellung „We are made for Dreaming“. Das klingt fast kitschig, ist es aber ganz und gar nicht. Seine Bilder sind keine verträumten Blicke in die Welt, nicht im herkömmlichen Sinne, sondern ein genaues Hinschauen auf das Besondere im Banalen. Sozusagen der Blick hinter den Spiegel. In den Bildern, vielfach am Meer, finden wir Kakteen, Spuren im Sand, eine Möwe, eine einsame Laterne. Der Künstler benennt nicht die Orte, an denen die Bilder entstanden. Alles Anekdotische spielt keine Rolle, das Faktische soll nicht von der Impression ablenken. Ein rot-weißes Absperrband flattert vor grauen Wolken. Eine Kette hält ein Gatter vor einem Olivenhain geschlossen. Das Foto entspricht nicht der Wirklichkeit, sagt der Fotograf am späten Abend. Der Betrachter glaubt beim Medium Fotografie an die Abbildung der Wirklichkeit. Aber, was Horstmann in Nettetal zeigt, ist seine Interpretation von Wirklichkeit.

Raffaele verdient sein Geld mit professioneller Fotografie, für Werbung und Kataloge. Wenn er Abstand sucht, sich neue Freiräume verschaffen will und in die Natur geht, nimmt er stets die Kamera mit. Ohne sie gingen ihm so viele wunderbare Momente durch den Lappen. Und diese wunderbaren Momente der Einfachheit, der leisen Poesie kann der Besucher jetzt in den ausgestellten Bildern für sich entdecken. Die Einladungskarte gibt ein Motiv wieder, das einen Strandabschnitt mit Stäben im Sand zeigt. Meer und Himmel verschwimmen im nebligen Grau. Muss man wissen, dass die Aufnahme bei einem Sandsturm entstand? Oder kann man die melancholische Poesie dieses Motivs auch ohne diese Information erspüren?

Horstmann nutzt die Spaziergänge am Strand zum Nachdenken. Aber seine fotografierten Momente sind alles andere, was man bei Instagram finden kann. Es sind auch keine fotografischen Notizen, Tagebucheinträge. Für draußen benutzt er alte Objektive, wie sie heute gar nicht mehr hergestellt werden. Ihm geht es nicht um größtmögliche Schärfe und Brillanz, sondern um das Bannen seltsamer Momente. Die alte Linsentechnik mit einer leichten Unschärfe an den Rändern lenkt den Blick in die Mitte. Diese neuen Arbeiten zitieren „den Gedankenaustausch zwischen dem Menschen und seinem Lebensraum.“ Aber Horstmann lässt dem Betrachter die Freiheit, die Bilder auf sich wirken zu lassen, ohne sie gleich  interpretieren zu müssen.

Hinzu kommt eine wunderbare Choreographie im Projektraum Kunst Busch 8, wo Barbara Schmitz Becker seit 15 Jahren ihr Atelier hat und der neue Kunstverein wirken kann . Die alte Scheune liefert das richtige Ambiente für diese leisen Arbeiten. Der Aufbau ist bestens gelungen: Ein Rondell, eine Diagonale und eine Wandseite. Die Ausstellung ist am Wochenende, 16. und 17. November, jeweils von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Unbedingt sehenswert.

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