Nettetal Angebliche Abzocke ist purer Humbug

Nettetal · Ein hartnäckiges Gerücht besagt, dass die niederländische Polizei Jagd auf deutsche Autofahrer macht und mehr als 200 Euro Bußgeld kassiert, wenn Einträge in den Zulassungspapieren und Kennzeichen nicht übereinstimmen.

 Der typische Fall: Das Kennzeichen hat keinen Bindestrich (das ist seit vielen Jahren so), in der Zulassung steht die Nummer mit Bindestrich. Niemand muss deswegen bei Polizeikontrollen irgendwelche Geldbußen fürchten.

Der typische Fall: Das Kennzeichen hat keinen Bindestrich (das ist seit vielen Jahren so), in der Zulassung steht die Nummer mit Bindestrich. Niemand muss deswegen bei Polizeikontrollen irgendwelche Geldbußen fürchten.

Foto: Busch

Ein kleiner Bindestrich versetzt deutsche Autofahrer in diesen Tagen in Aufruhr. Angeblich kontrollieren niederländische Polizeibeamte Fahrzeugschein und Autokennzeichen. Fehlt auf dem Kennzeichen der Bindestrich hinter dem "VIE XY 00", aber steht er in den Papieren wie "VIE-XY 00", dann wird kassiert. 200 bis 250 Euro verlangen die bösen Niederländer. Zu allem Überfluss zocke dann auch noch der deutsche Staat die armen Autofahrer ab, wenn die eilends im Straßenverkehrsamt den teuren Strich beseitigen lassen wollen.

Neu ist dieses Gerücht nicht. Im vergangenen Jahr stürmten verängstigte Autofahrer die Zulassungsstellen in Viersen und Kempen, die Italien als Urlaubsziel hatten. Dort, so wurde behauptet, müssten Autofahrer "mit ohne" Bindestrich sogar 500 Euro Bußgeld zahlen. Nacheinander gerieten dann Österreich, Polen und schließlich nun die Niederlande in die Gerüchteküche. "90 Prozent der Bürger nahmen davon Abstand, als sie hörten, dass das nicht stimme", berichtet ein Sprecher der Viersener Kreisverwaltung. Die Leute dürften klug gehandelt haben, zumal sie auch noch annähernd zwölf Euro fürs (überflüssige) Ändern ihres Fahrzeugscheins eingespart hatten.

Das Gerücht über die angebliche Abzockerei deutscher Autofahrer durch ausländische Polizeistreifen hält sich aber immer noch so stark, dass selbst das Bundesverkehrsministerium auf einer Internetseite, auf der es sämtliche Eigenheiten von Fahrzeugkennzeichen erläutert, gleich vorne folgenden Satz geschrieben hat: "Das Kennzeichen kann in der Zulassungsbescheinigung mit und ohne Trennstrich geschrieben sein. Beide Schreibweisen sind gleichberechtigt gültig." (www.bmvbs.de).

Konsterniert reagierte ein Sprecher der Polizei Nordlimburg in Venlo auf die Frage, ob sie häufiger "Bindestrich-Kontrollen" vornehme und mehr als 200 Euro als Bußgeld kassiere, wenn Kennzeichen und Zulassungsschein nicht übereinstimmten. Davon habe die Polizei bisher noch nie etwas gehört, berichtete der Beamte, nachdem er sich ausgiebig in der Behörde umgehört hatte. "Für solche Kontrollen gibt es in den Niederlanden keine gesetzliche Grundlage", erklärte er. Das deckt sich mit der Auskunft des Straßenverkehrsamt des Kreises Viersen, das ebenfalls auf fehlende gesetzliche Grundlagen für solche Aktivitäten hinwies. "Wir hätten gerne einmal einen Beleg von einem Autofahrer, der so zur Kasse gebeten wurde. Wenn er tatsächlich zahlen musste, kann er nur einem Betrug aufgesessen sein. Festzustellen bleibt, dass jede Polizei verpflichtet ist, Belege auszugeben, wenn sie bei Verstößen Geld kassiert", so der Sprecher der Kreisverwaltung.

Die Polizei in Venlo und Umgebung sieht allerdings genau hin, wenn deutsche Fahrzeuge mit Sonderkennzeichen oder zeitlich begrenzten Zulassungen im Nachbarland unterwegs sind. "Da kontrollieren die Kollegen auch schon mal ganz genau Papiere und Insassen", erklärte der Sprecher.

FRAGE DES TAGES

(RP/ac)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort