Kreis Viersen Ärger um beschmierte Wahlplakate
Kreis Viersen · Es gehört schon fast zum Wahlkampf dazu: Die Plakate der Parteien werden mit Farbe beschmiert, beschädigt oder gestohlen. Für die Wahlkämpfer ist das nicht nur finanziell ein großes Ärgernis.
Rainer Brüderle trägt jetzt einen weißen Schnurrbart. Zumindest auf einem großen Wahlplakat an der Freiheitsstraße in Viersen. Den Schnäuzer hat ihm jemand mit Sprühfarbe verpasst. Es ist Wahlkampf, die Parteien werben um die Gunst der Bürger. Gleichzeitig bietet die Werbung aber auch eine gute Angriffsfläche. Viele Plakate werden beschmiert, beschädigt oder gar gestohlen. Jede Partei kennt das.
In Viersen wurde nun jüngst die FDP mit ihrem Spitzenkandidaten Brüderle Opfer von Vandalismus. Über dem Gesicht des Bundeswirtschaftsministers steht in roten Buchstaben: "THC statt FDP". Die Abkürzung THC steht für Tetrahydrocannabional, den berauschenden Wirkstoff der Hanfpflanze.
"Das sieht mir schon nach einer mutwilligen Handlung passend zur Landeskampagne der Grünen aus", sagt Stefan Feiter, Fraktionsvorsitzender der FDP Viersen. Was er andeutet: Die Grünen in NRW überlegen, nach einem möglichen Wahlsieg den Eigenkonsum von Cannabis nicht mehr unter Strafe zu stellen — die Rheinische Post berichtete. Hat hier also ein Anhänger der Partei gehandelt? "Den Mitgliedern der Grünen in Viersen traue ich das eigentlich nicht zu, aber vielleicht hat irgendein Verblendeter gehandelt", sagt Feiter. Er überlegt nun mit seinen Parteikollegen, ob sie Anzeige wegen Sachbeschädigung erstatten werden. Für Aufsteller, Plakat und Miete zahlen sie immerhin fast 400 Euro aus der Parteikasse.
Die Grünen in Viersen streiten einen Zusammenhang zwischen der Schmiererei und ihrer Partei ab. "Wir waren das nicht. Das ist nicht unsere Art, mit politischen Gegnern umzugehen", sagt Fraktionsvorsitzende Martina Maaßen. Ihre Partei habe während des laufenden Wahlkampfs mit Vandalismus im Kreis bislang noch keine Probleme gehabt: "Das liegt aber sicherlich auch daran, dass wir die Plakate erst spät aufgehängt haben." Die Beschädigung der Wahlwerbung ist aber auch bei den Grünen immer wieder ein Thema: "Wir erstatten dann in der Regel Anzeige, tauschen die Plakate sofort aus. Es ist ja auch nicht schön für den Kandidaten, der sich für die Bürger engagiert", sagt Maaßen.
Auch die beiden großen Parteien müssen immer mit solchen Angriffen rechnen. Hans Josef Kampe von der CDU im Kreis Viersen nimmt es mittlerweile gelassen: "Wir haben da schon so viel erlebt, wir ertragen es in christlicher Demut." Über schwarz gemalte Zähne oder ähnliches könne man bei den Christdemokraten auch mal lachen, solange die Schmiererei keinen politischen Hintergrund habe: "Manchmal bringt es dem Plakat ja auch mehr Aufmerksamkeit", sagt Kampe. Ansonsten würde man die betroffene Wahlwerbung austauschen. Strafanzeige würden sie nur selten stellen: "Da kommt leider oft nichts bei rum, die Täter werden doch selten gefunden", sagt der Geschäftsführer des Kreisverbands. Im Laufe der Jahre habe man außerdem viel dazugelernt, insbesondere, wo man die Plakate anbringe. "Wir versuchen, die Wahlwerbung nicht gerade vor Gaststätten aufzustellen, weil betrunkene Leute eher zum Vandalismus neigen", sagt Kampe.
Ärgerlich sei ein Plakatwechsel dennoch, denn er ist mit Kosten verbunden. Besonders die großen Stellwände seien teuer, der Austausch aufwendig. "Wir haben schon ein paar Plakate mehr drucken lassen, für den Fall", sagt Kampe.
Auch die Sozialdemokraten ärgert der finanzielle Aufwand. "Wir zahlen für die Herstellung und Anbringung pro Plakat rund 20 Euro, das läppert sich natürlich", sagt Hans Smolenaers, Geschäftsführer der SPD im Kreis Viersen. Sie müssten alles aus dem eigenen Etat des Kreisverbands bezahlen. Selbst die Plakate ihres Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück müssten die Viersener Sozialdemokraten selbst finanzieren. Dennoch würden beschädigte Plakate schnell ausgetauscht, besonders, wenn sie politische Parolen enthielten. "Das kriegen wir nicht mehr geändert, das gehört wohl dazu", sagt Smolenaers.
Oft entscheiden sich die Parteien gegen eine Strafanzeige, die Erfolgsaussichten sind eher gering. Häufig werden die Verfahren eingestellt, weil kein Täter ermittelt werden konnte. "Die Aufklärungsquote ist leider relativ gering, weil uns oft nur wenige Hinweise vorliegen. Dennoch kann es manchmal sein, dass man einen Täter auf frischer Tat erwischt", sagt Harald Moyses von der Polizei. Wichtig sei, dass Zeugen, die einen Tatverdächtigen beobachten, sofort die Polizei riefen. "Dann gibt es eine Chance, sie zu überführen", sagt Moyses. Momentan liege der Polizei Viersen aber noch keine Anzeige einer Partei vor. Die FDP Viersen hat bereits gehandelt und den Landesverband in Düsseldorf informiert. Sie wollen in den nächsten Tagen das Plakat austauschen. Dann muss Kandidat Rainer Brüderle wieder auf seinen Schnäuzer verzichten.
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