Nettetal Achnes chillt als Frau Freitag

Nettetal · Zum Abschluss der 1. Nettetaler Kinder- und Jugendbuchtage schlüpfte Anette Esser mit ihrer Kunstfigur Achnes Kasulke in eine ganz neue Rolle. Sie las aus der Realsatire "Chill mal Frau Freitag" in der Hauptschule.

 Achnes Kasulke, die letzte Putzfrau vor der holländischen Grenze, kam zum Abschluss der 1. Nettetaler Kinder- und Jugendbuchwoche.

Achnes Kasulke, die letzte Putzfrau vor der holländischen Grenze, kam zum Abschluss der 1. Nettetaler Kinder- und Jugendbuchwoche.

Foto: Busch

Literatur ist keine Angelegenheit für einen elitären Kreis. Im Gegenteil. Achnes Kasulke, die letzte Putzfrau vor der holländischen Grenze, kann nämlich auch Literatur. Sie nähert sich ihr lediglich in einer unverblümten und direkten Art. Die kann nicht nur humorvoll, sondern auch mitreißend sein.

Zum Abschluss der 1. Nettetaler Kinder- und Jugendbuchwoche hatte die Stadtbücherei Achnes Kasulke eingeladen, ihren Staubwedel literarisch einzusetzen. Die Kaldenkirchenerin Anette Esser, die die Putzfrauen-Figur erfunden hat, erfüllte die gespannten Erwartungen der Zuhörer in der Aula der Hauptschule bei ihrem ersten Ausflug in die Welt der Literatur.

Sie kam, wie man sie kennt: mit frisch gewaschenem blau-gepunktetem Kittel und Haartolle, ausgerüstet allerdings mit einem neuen, orangefarbenen Putzeimer. Für Literatur ließ sich die energische Reinemachefrau nicht verbiegen. Nur Ehemann Erwin hatte sich Gedanken gemacht. "Da wird wat in Sachen Literatur gemacht. Da sind kluge Leute, inner Schule", berichtete Achnes. Sie schlüpfte in die Rolle von Frau Freitag, eine unerschrockene Gesamtschullehrerin in einer deutschen Großstadt.

"Chill mal Frau Freitag" ist eine absurd-komische Realsatire. Die Lehrerin hat es wirklich nicht leicht. An ihrer Brennpunktschule ist sie umgeben von Blutdruck-Yusuf, dem hyperaktiven Dschingis, der neurotischen Christine und vielen anderen, die nicht wissen, was ihnen lieber ist: die deutsche Heimat oder ihr türkisches Herz. Immer wieder muss Frau Freitag den "pädagogistischen, weitlösesten Impuls geben". Dabei würde sie lieber im Slang der Heranwachsenden ihren Schülern einmal richtig die Meinung geigen. Warum stellt der bekannte Fashion-Hersteller mit den beiden Buchstaben, nicht endlich einmal neue Pullis her? "Ich kann die billigen Pullis mit den Längsstreifen nicht mehr sehen", trägt Achnes Kasulke vor — und erntet kräftigen Beifall.

Auch wenn die Lesung mit einer kleinen Verspätung begann, so hätte keiner der Zuhörer wohl etwas dagegen gehabt, wenn der Abend ein bisschen länger gedauert hätte. Ulrich Schmitter, der Leiter der Stadtbücherei, dankte dem Kollegium der Hauptschule ausdrücklich. "Die haben sich richtig ins Zeug gelegt und alles organisiert", berichtete er. Angela Grundmann, zurzeit kommissarische Leiterin der Hauptschule, hatte ihre Kollegen für die aktive Teilnahme animiert. Und die hatten, weil die Schüler der Schulfirma ihr Praktikum absolvieren müssen, selbst zu den Kochlöffeln gegriffen und ein buntes Buffet gezaubert. Das schmeckte so gut, dass die Hauptschule zu den nächsten Kinder- und Jugendbuchtagen ein Krimi-Dinner auf die Beine stellen will. Man darf gespannt sein.

(ivb)
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