Nettetal 40 Euro für eine SMS

Nettetal · Ein- bis zweimal im Monat fahren die Polizisten der Wache Kaldenkirchen raus, um Autofahrer zu erwischen, die sich vor der Gurtpflicht drücken oder während der Fahrt telefonieren. Wir haben sie dabei begleitet.

 Auf dem Parkplatz an der Mönchengladbacher Straße in Elmpt kontrolliert die Polizei, ob die Autofahrer angeschnallt sind und das Handyverbot einhalten.

Auf dem Parkplatz an der Mönchengladbacher Straße in Elmpt kontrolliert die Polizei, ob die Autofahrer angeschnallt sind und das Handyverbot einhalten.

Foto: Busch

Georg Wassen lehnt unauffällig an einer Hauswand und versteckt sein Funkgerät hinter dem Rücken. Seine schwarze Mütze hat er tief ins Gesicht gezogen. Es ist sehr neblig an diesem Morgen, das erschwert ihm die Sicht.

Doch dann entdeckt er wieder einen: "Der da, der spielt mit seinem Handy rum", sagt er plötzlich und zieht das Funkgerät hervor. "Haltet mal den weißen Kastenwagen an, der tippt SMS", gibt er an seine Kollegen durch. "Alles klar", knarzt es zurück. Wassen und seine Kollegen kommen von der Polizeiwache in Kaldenkirchen. Seit 2003 fahren sie ein- bis zweimal im Monat raus, um gezielt Jagd auf nicht angeschnallte oder telefonierende Autofahrer zu machen. An diesem Morgen stehen sie auf der Mönchengladbacher Straße in Elmpt.

Der Anwalt ist teurer

Keine hundert Meter hinter Wassens Beobachtungsposten ist für den Herrn in dem weißen Kastenwagen die Fahrt erst mal zu Ende. Polizeikommissar Markus Steger schwingt die Kelle und weist den Fahrer auf den Parkplatz. Oberkommissar Ralph Eßer übernimmt und geht auf den Wagen zu. "Guten Tag, unser Kollege in Zivil da hinten hat beobachtet, dass sie während der Fahrt auf ihrem Handy getippt haben", spricht Eßer den Fahrer an. "Das kann gar nicht sein", erwidert dieser.

Kurze Zeit später weigert er sich außerdem, aus seinem Wagen auszusteigen und mit zum mobilen Büro im Polizeibulli zu kommen. Doch davon lässt sich Eßer nicht aus der Ruhe bringen. Er nimmt die Papiere mit, füllt das Verwarngeldformular aus und bringt es dem Mann — der gerade demonstrativ unbeteiligt eine Zeitung liest — ans Autofenster. "Ich werde Widerspruch einreichen", sagt der Fahrer noch und fährt weg. "Na,ja, das passiert schon mal", sagt Ralph Eßer. "Meistens ist den Leuten nicht bewusst, dass sie für einen Anwalt und ein Widerspruchsverfahren am Ende meist viel mehr bezahlen als 40 Euro." So viel kostet zurzeit das Bedienen eines Mobiltelefons am Steuer — und sei es "nur" für eine SMS.

Blinder Verlass auf die Automatik

Ansonsten zeigen sich an diesem Morgen alle Fahrer einsichtig. Es ist erstaunlich, wie viele tatsächlich ohne angelegten Gurt unterwegs sind. 30 Euro Verwarngeld zahlen sie dafür. Für nicht angeschnallte Kinder gibt es 40 Euro plus einen Punkt in Flensburg. "Es ist eine Sache, wenn man selbst leichtsinnig ist. Aber seine Kinder wissentlich zu gefährden, ist ein ganz anderes Kaliber", sagt Wassen. Sein Kollege Uwe Kalinofski kontrolliert deshalb bei seiner Frau, die zufällig vorbei kommt, noch einmal genau, ob der Enkel auf dem Rücksitz auch ausreichend gesichert ist. "Ja, so ist das eben auf dem Land. Da kommen auch mal Leute vorbei, die man kennt", sagt Wassen und lacht.

Weil nicht viel zu tun ist, halten die Polizisten auch einige Autos an, die ohne Licht unterwegs sind. Es fällt auf: Viele Autofahrer in neueren Wagen verlassen sich auf die automatische Lichtschaltung in ihren Fahrzeugen und sind ganz überrascht, wenn sie feststellen, dass das Licht gar nicht brennt.

Nach knapp drei Stunden in Nebel und Kälte freuen sich die vier Männer auf ihre Mittagspause und einen heißen Kaffee auf der Wache. "Wir haben hier auch schon im Schneegestöber gestanden, das ist heute halb so wild", sagt Wassen. Nach dem Mittagessen geht es wieder raus, diesmal an eine andere Stelle.

(RP/rl)
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