Nettetal Eine Erfolgsgeschichte mit Potenzial

Nettetal · Seit 1994 arbeiten Mitarbeiter des HPZ auf Außenarbeitsplätzen im Städtischen Krankenhaus Nettetal. Aus einem Versuchsballon wurde eine bewährte Partnerschaft. Heute möchte keiner mehr auf die HPZ’ler verzichten.

 Im Krankenhaus möchte man die Mitarbeiter vom HPZ nicht mehr missen, hier Sandra Bongartz. Umgekehrt auch nicht.                    

Im Krankenhaus möchte man die Mitarbeiter vom HPZ nicht mehr missen, hier Sandra Bongartz. Umgekehrt auch nicht.                    

Foto: HPZ/Christoph Buckstegen

1994, vor genau 25 Jahren, fragte das Krankenhaus in der Werkstatt des Heilpädagogischen Zentrums (HPZ) in Vinkrath an. Die Idee war, Menschen mit Behinderungen neue berufliche sowie externe Perspektiven zu geben. Damit war eine Premiere der Zusammenarbeit mit einem externen Partner in einem Wirtschaftsunternehmen für das HPZ gegeben.

Das HPZ hatte schon damals als Reha-Unternehmen den Auftrag, Menschen mit Behinderung durch adäquate Beschäftigung Teilhabe am Arbeitsmarkt und an der Gesellschaft zu ermöglichen. „Die Art der Arbeitsplätze, die wir beanspruchen, sollen keineswegs die der ‚normal‘ Angestellten gefährden“, erläutert Friedbert Hermes vom HPZ. In Zeiten der Inklusion fordert die Politik seit 2014, dass die motivierten und starken sechs Prozent von Werkstattmitarbeitern künftig auf Außenarbeitsplätzen oder im ersten Arbeitsmarkt tätig sein sollen.

Für Menschen mit geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen ist das durchaus problematisch. Sie benötigen ein sozialeres und unterstützendes Arbeitsumfeld als dies in den meisten Unternehmen heute unter dem Kostendruck möglich sei. Für viele HPZ’ler sei es wichtig, dass sie in einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten sind, was den Stressfaktor minimiere, so Hermes. In dieser Gemeinschaft sind einige bereit, sich zu qualifizieren und sich sogar externen Prüfungen zu stellen.

Beim Städtischen Krankenhaus Nettetal kommen viele positive Aspekte zusammen, die aus dem Projekt einer förderlichen Kooperation ein Zukunftsprojekt machten, bei dem Menschen mit Behinderung über sich hinauswachsen. Zuerst suchte das Krankenhaus einen Nachfolger für den angestellten Grünflächen-Pfleger, der in Ruhestand gegangen war. So wurden sieben HPZ-Mitarbeiter erst von Vinkrath, dann von Breyell, nach Bedarf – mit einem Transporter und allem Gartengerät zum Krankenhaus gebracht, um das Außengelände zu pflegen. Seit 2006 hat sich der GaLa-Dienst bereits so bewährt, dass eine erste GaLa-Gruppe mit zwölf HPZ’lern und einer Gruppenleitung ausschließlich für das Krankenhaus abgestellt wurde. Geräte- und Sozialräume befanden sich in einem älteren Einfamilienhaus in Nachbarschaft zum Krankenhaus. Inzwischen sind sie im Krankenhaus auch räumlich integriert.

Heute ist das Team der HPZ’ler auf 15 Personen für GaLa- und Schiebedienste angewachsen. Hinzu kommen vier Einzelarbeitsplätze in der Haustechnik, Zentralsterilisation für das OP-Besteck sowie für Apothekendienste. Im Vorfeld der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 suchte das Krankenhaus-Management nach Ersatz für die Zivis. Man kam schnell auf die HPZ-Mitarbeiter zunächst für die sogenannten Schiebedienste – Ver- und Entsorgungs-Dienste. So waren die HPZ’ler zuständig für die Anlieferung der in der Krankenhausküche  zubereiteten Mahlzeiten bis zu den Stationen sowie für ihren Abtransport. Dazu kamen das Management von Wäsche, Müll, die Anlieferung von Mineralwasserkästen und vieles mehr.

Betriebs- und Pflegedienstleiter Norbert Peffer: „Der Start war positiv. Die HPZ’ler gingen ihre Aufgaben motivierter an als mancher Zivi, der den Dienst möglichst schnell hinter sich bringen wollte. Die HPZ’ler setzten sich unermüdlich ein, um schnellstmöglich Teil des Krankenhaus-Teams zu sein. Heute will sie keiner von uns missen.“ Mittlerweile arbeitet eine HPZ-Gruppe mit 19 Mitarbeitern immer noch in den Anfangsbereichen wie GaLa und Schiebedienste. Es gibt aber auch Einzelarbeitsplätze: für den Apotheken-Hol- und Bringdienst von geblisterten Medikamenten, in der Haustechnik und sogar in der Abteilung für Sterilgutversorgung – alles nach Regeln im Sinne der strengen Hygieneverordnungen.

Das Krankenhaus lebt sein Image eines familiären Hauses, wie es in seinem Leitbild verankert ist. Durch die konkrete Zusammenarbeit mit den Menschen mit Behinderungen konnten Barrieren und Klischees schon an der Basis abgebaut werden, bevor von Diversity die Rede war. Betriebs- und Pflegedienstleiter Norbert Peffer: „Wie in einer Familie weiß jeder über alle und alles Bescheid. So brauchten wir niemandem zu erklären, dass Menschen mit Behinderungen hier Chancen auf Arbeit bekommen. Jeder sieht ihr hohes Engagement. Es kommt immer häufiger vor, dass aus unterschiedlichen Abteilungen angefragt wird, ob sie nicht auch HPZ-Unterstützung bekommen“.

 Betriebsleiter Norbert Peffer (links), Krankenhaus-Geschäftsführer Jörg Schneider (Mitte)  und Friedbert Hermes, Geschäftsleiter Produktion im HPZ, treffen sich seit 25 Jahren regelmäßig.

Betriebsleiter Norbert Peffer (links), Krankenhaus-Geschäftsführer Jörg Schneider (Mitte)  und Friedbert Hermes, Geschäftsleiter Produktion im HPZ, treffen sich seit 25 Jahren regelmäßig.

Foto: HPZ/Christoph Buckstegen

Geschäftsführer Jörg Schneider: „Wir freuen uns, dass es uns gelungen ist, Menschen mit Behinderungen Chancen zu eröffnen und gleichzeitig zu erleben, wie bereichernd das für unser Haus ist. Da sich in 25 Jahren Technologien und Arbeitsabläufe ändern, werden wir auch in den folgenden 25 im Austausch bleiben und uns gemeinsam weiterentwickeln“.

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