Moers Wunschzettel für ein Leben im Alter

Moers · Im Hülsdonker Haus am Schwanenring geht das 2009 gestartete Projekt "Innovative Seniorenarbeit in Moers" in eine neue Runde: Stadtteilbewohner überlegen gemeinsam, wie sie ihren Lebensabend gestalten wollen.

 Hinrich Kley-Olsen vor der "Wunschzettel-Wand" im evangelischen Gmeindezentrum Hülsdonk.

Hinrich Kley-Olsen vor der "Wunschzettel-Wand" im evangelischen Gmeindezentrum Hülsdonk.

Foto: Klaus Dieker

Kurz vor zehn Uhr am Morgen hat sich im voll besetzten Saal der evangelischen Kirchengemeinde in Hülsdonk jede Menge lebende Geschichte eingefunden: "Als ich mein Haus gebaut habe", berichtet ein 88-Jähriger, "gab es da, wo jetzt die Vogelsiedlung steht, nur einen Bauernhof. Und dort, wo heute der Fußweg an der Kranichstraße verläuft, fuhr die Straßenbahn von Moers nach Krefeld." In den 60-er Jahren zogen dann viele junge Familien in den Moerser Westen. Doch auch die sind bereits im Rentenalter. Wie wollen sie ihren Lebensabend gestalten? Das ist die Kernfrage, wegen der rund 70 Senioren zum ersten "Nachbarschaftstag 55plus" gekommen sind.

"Für Sie ist heute Weihnachten", sagt der Leiter der Begegnungsstätte am Schwanenring, Hinrich Kley-Olsen zur Begrüßung, "denn Sie dürfen sich etwas wünschen." Tatsächlich ist dieses erste Netzwerk-Treffen der Senioren so etwas wie ein moderiertes Brainstorming.

Aus Benrath ist eigens eine Fachfrau für derartige Projekte angereist: Margit Risthaus moderiert schon seit Jahren Netzwerkarbeit in Stadtteilen. Auf bunte Kärtchen schreibt sie die Ideen auf, die die Besucher an diesem Vormittag in verschiedenen Arbeitsgruppen entwickeln.

Das ist ein bunter Strauß von Anregungen, den die Teilnehmer innerhalb von drei Stunden zusammentragen. Der eine hätte gerne ein Repair-Café, in dem man Haushaltsgeräte reparieren lassen könnte, andere Teilnehmer wünschten sich eine offene Begegnungsstätte, in der sie sich ohne Gruppenzwang treffen könnten. Andre dachten nach, ob es nicht möglich sei, ein Car-Sharing-System im Viertel zu entwickel: Schließlich stünden Senioren-Autos oft tagelang nutzlos herum.

Kornelia Jordan vom Seniorenbüro der Stadt, das das Pilotprojekt finanziert, findet die Vielzahl der Ideen faszinierend. "Aber es ist auch wichtig, dass viele Leute hier zum ersten Mal miteinander ins Gespräch gekommen sind." Jordan startete 2009 unter Einbeziehung der Universität Dortmund das Projekt "Innovative Seniorenarbeit" mit dem Ziel, älteren Menschen möglichst lange ein Leben in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung zu ermöglichen.

Im Rahmen dieses Projektes wurden Moerser Begegnungsstätten kritisch durchleuchtet mit dem Ziel, gute Arbeit auch finanziell zu belohnen. Das hatte der Stadt zeitweise den Widerstand von Trägern eingebracht, deren Tagesstätten für Senioren in der Studie nicht so vorbildlich abgeschnitten hatten wie die Hülsdonker Einrichtung. "Als eine von vier Piloteinrichtungen der innovativen Seniorenarbeit besticht Hülsdonk vor allem durch sein hohes ehrenamtliches Engagement", betont Jordan.

Die Ehrenamtler sollen das Projekt denn auch tragen, wenn es einmal in die Gänge gekommen ist. Aber auch unter ihnen gibt es bereits "Profis", die weiterdenken: Peter Tietmann (63) etwa würde zwar gerne das "Repair-Café" einrichten. "Wenn das läuft, werde ich mich aber um ein neues Projekt kümmern. Das habe ich in meinem Leben immer so gemacht."

(RP)
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