Rheurdt Wo Netzer und Hüsch aßen

Rheurdt · Restaurant und Motel "Rusticana" an der Aldekerker Straße in Rheurdt werden abgerissen. Die Inhaber Ute und Walter Hirsing sowie Sohn Michael können viele spannende Geschichten von den vergangenen 40 Jahren erzählen.

Michael Hirsing ist jeden Tag mindestens zweimal dort. Mit dem Hund. "Bis das Gelände abgerissen wird, schaue ich dort täglich vorbei", meint der 39-Jährige. Von seiner Geburt an war das Rusticana sein Zuhause. Jetzt verfällt das Restaurant mit dem vorgelagerten Motel Bergwinkel an der Aldekerker Straße mehr und mehr. Vor einem Jahr hat die Familie Hirsing den Betrieb endgültig aufgegeben. In der Wohnung an der Bahnstraße erinnern viele Bilder an die glanzvolle Zeit des Rusticana.

Ute Hirsing (65) blättert im dicken Gästebuch. Im Wohnzimmer steht das Krankenbett ihres Mannes Walter (80). "Sein Gesundheitszustand war mit ein Grund dafür, dass wir ganz aufgehört haben", sagt sie. Vor 40 Jahren hat das Paar das Haus gekauft. Eineinhalb Jahre später Silvester war es dann zum ersten Mal brechend voll im Restaurant. "Dann ging es nur bergauf", erinnert sich die 65-jährige Rheurdterin. Die Steaks und Schnitzel waren weit über die Ortsgrenzen hinaus bekannt. Viele Prominente kamen zum essen ins Rusticana, zum Beispiel Günter Netzer, Roland Kaiser und die Band Eruption. Das war in den 1970er Jahren. 1977 wurde das Motel mit 17 Zimmern vor das Restaurant gebaut. Viele Bands, die beim Moerser Jazzfestival auftraten, übernachteten dort. Später, als Dr. Jürgen Schmude Justizminister war, wohnten seine Bewacher häufig im Motel Bergwinkel. Schmude selbst kam zum essen, häufiger auch mit Hanns Dieter Hüsch. Der Karate-Trainer Norbert Schiffer kam mit asiatischen Sumo-Ringern, die bei einer Gala auftraten, zum essen. Stolz zeigt Ute Hirsing die Fotos im Gästebuch.

Ferrari-Treffen

1995 verpachteten die Hirsings dann das Restaurant und führten nur noch das Motel weiter. "Ja, wir haben die Zimmer auch stundenweise vermietet, aber das macht jedes Hotel", sagt sie,. "Nur in einem Dorf wie Rheurdt fällt das halt eher auf." "Weißt du noch, das Ferrari-Treffen auf dem Motel-Hof?", fragt Sohn Michael seine Mutter. "Ja", lacht diese, "da standen alle Restaurantgäste draußen und haben geguckt." Auf den Zustand der Motelzimmer lässt sie nichts kommen. "Die waren einfach, aber tipptopp in Ordnung." Sorge hatte sie, als damals die Sumo-Ringer da waren, die Kolosse würden im Hotel übernachten wollen. "Das hätten unsere Betten kaum ausgehalten."

(RP)
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