Interview mit Reiner Michalke Wichtigster Umzug der Festival-Geschichte steht bevor

Moers · Kehraus im Festivalzelt: Zum letzen Mal fand das Moers Festival im Freizeitpark statt. Festivalchef Reiner Michalke blickt auf 2014.

 Reiner Michalke, künstlerischer Leiter des Moers Festivals, hier mit Ulrich Greb, erklärt: "Das bunte Treiben im Freizeitpark muss kein Ende haben.

Reiner Michalke, künstlerischer Leiter des Moers Festivals, hier mit Ulrich Greb, erklärt: "Das bunte Treiben im Freizeitpark muss kein Ende haben.

Foto: kdi

Mit der Entscheidung, aus Kostengründen 2014 den Freizeitpark als Festivalstandort zu verlassen, haben Sie aus der Not eine Tugend gemacht. Steht dem Moers Festival mit dem Umzug in eine Konzerthalle am Solimare ein großer Umbruch bevor?

Michalke Ja, ich denke es wird der größte und wichtigste Umzug des Festivals, seit dem Umzug vom Schlosshof in den Freizeitpark. Das war im Jahr 1975. Und es ist tatsächlich das erste Mal, dass das Festival ein Stück Zukunft bekommt. Alle bisherigen Lösungen, auch die jetzige mit dem Festivalzelt, waren provisorischer Natur. Wenn auch die neue Festivalhalle nicht für die Ewigkeit gebaut wird, so gibt es hier doch eine Perspektive, die weit über ein Jahrzent hinausgeht. Da wir, also die Moers Kultur GmbH, die Bauherren sind, haben wir auch maximalen Einfluss darauf, dass die neue Halle unseren Vorstellungen entspricht, insbesondere was die akustische und atmosphärische Ausstattung betrifft. Und da uns das Land bei der Finanzierung massiv unter die Arme greift, sind die Belastungen für die Gesellschaft sehr überschaubar. Die Frage nach den Erfolgsaussichten sind berechtigt. Schließlich trägt jede Veränderung und auch jede vermeintliche Verbesserung ein Risiko in sich. Aber wir alle, die wir das Ziel "neue Festivalhalle" verfolgen, sind vom Erfolg überzeugt. Sonst hätten wir es nicht gemacht.

Welche Chancen sehen Sie für das Moers Festival und die anderen Nutzer der Halle?

Michalke Neben einem Stück Zukunftssicherung — schließlich engagiert sich das Land NRW in erheblichem Maße und erwartet damit auch von der Stadt eine Fortsetzung ihres Engagements — ergeben sich in der neuen Halle auch viele neue Optionen. Für mich als Programmmacher werden jetzt Auftritte denkbar, die im Festivalzelt nicht oder nur schlecht funktioniert hätten, wie zum Beispiel sehr leise akustische Konzerte. Aber auch in die andere Richtung gibt es mehr Möglichkeiten, da wir die Halle akustisch so dicht bekommen, dass wir damit niemandem auf die Nerven gehen werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass wir mit der Hallenlösung noch ein Stück mehr unabhängig vom Wetter sein werden. Am neuen Standort können wir das Campen für die Festivalgäste und deren Verpflegung neu "erfinden" und den Bedürfnissen optimal anpassen. Ja, und die Festivalhalle kann das ganze Jahr über genutzt werden. Wir planen den inneren Ausbau so, dass variable Nutzungen zwischen 500 und 2000 Personen sinnvoll möglich sind. Das eröffnet natürlich ein breites Spektrum an Nutzungsmöglichkeiten. Neben der eigenen Nutzung der Moers Kultur, wie für Comedy Arts oder Weihnachtsproduktionen des Schlosstheaters, können wir den Saal für Konzerte, Lesungen, private Veranstaltungen bis hin zu Kongressen zur Verfügung stellen.

Viele Besucher schwören auf die besondere Atmosphäre im Freizeitpark. Was antworten Sie Kritikern des Standort-Wechsels?

Michalke Auf diese Frage gibt es tatsächlich mehrere Antworten. Die einfachste wäre zu sagen, dass es die meisten Besucher gar nicht bemerken würden, wenn das große blaue Zelt am Nordende des Pfingstdorfs verschwinden würde — solange die Party weitergeht. Aber Spaß beiseite. Tatsächlich gibt es doch drei Besuchergruppen, die verschiedene Bedürfnisse haben. Da sind die Camper, die jedes Jahr wegen der Party und der tollen Atmosphäre in den Freizeitpark kommen und ihre Zelte aufschlagen. Dann gibt es die Besucher, die kommen, um sich dieses bunte Treiben anzuschauen, und als dritte Gruppe gibt es die Musikliebhaber, die wegen der Musik kommen und sich vorher eine Eintrittskarte gekauft haben. Es scheint mir ein gut gehütetes Geheimnis zu sein, dass die letzte Gruppe zahlenmäßig den mit Abstand kleinsten Teil ausmacht - obwohl dies eine beständig hohe Zahl ist. Aber für diese Personengruppe, die wegen der Musik nach Moers kommt und dafür teilweise weite Anreisen auf sich nimmt, machen wir das Festival. Und die werden auch weiterhin kommen — solange das Programm stimmt. Aber das heißt ja nicht, dass damit das "bunte Treiben" im Freizeitpark ein Ende haben muss. Ich bin davon überzeugt, dass es in Moers Personen und Strukturen gibt, die die Kompetenz haben, das erfolgreich fortzuführen. Und es wird ein neues "buntes Treiben" um die Festivalhalle herum geben.

Das reguläre Festivalprogramm wurde auf drei Tage gekürzt. Werden Sie das 2014 ändern? Oder bleibt es Pfingstmontag beim Open House?

Michalke Offen gesagt: Ich weiß es noch nicht. Zuerst einmal gilt, das diesjährige Festival und hier besonders auch den "Vierten Tag" zu bewerten. Dann werden wir Tag für Tag ein immer besser werdendes Gefühl dafür bekommen, was alles in der neuen Festivalhalle möglich sein wird und werden unserem Aufsichtsrat einen Vorschlag für das kommende Festival in 2014 machen. Wie gesagt, es werden sich viele neue Möglichkeiten ergeben. Ein "Heimatabend" mit Helge Schneider wird in Zukunft das ganze Jahr über möglich sein.

ANJA KATZKE FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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