Klingelbeutel Wenn Glockengeläut stört

Moers · Süßer die Glocken nie klingen" und "Kling, Glöckchen, klingelingeling" haben manche von uns in der zurückliegenden Weihnachtszeit wenn nicht selbst gesungen, so doch von Kinderchören herzerweichend sich angehört. Nach wie vor verbinden viele Menschen mit dem Klang der Glocken Fest- und Feierlichkeit. Sie stehen für das Besondere, das Nichtalltägliche.

Aber es gibt auch das Andere: Beschwerden über das Glockengeläut, weil manche sich gestört fühlen, und sogar Anzeigen wegen Ruhestörung. Was viele im Urlaub als selbstverständlich nehmen, wenn die Ferienwohnung neben einer idyllischen Kirche mit Stundengeläut liegt, gilt für die heimischen Gefilde schon lange nicht mehr.

Dabei gibt es klare Regeln für das Geläut. Ob zur vollen Stunde die Stundenschläge erklingen oder am Morgen, Mittag und Abend geläutet wird, ist von Kirche zu Kirche unterschiedlich und in einer Läuteordnung geregelt. Eines aber ist allen gleich: Sie unterbrechen den Alltag und geben dem Tag Struktur. Die Glocken signalisieren: Hörst du? Du lebst mit geschenkter Zeit. Sie ist dir von Gott anvertraut, sie zu nutzen für dich und andere. Und bedenke: Sie hat Anfang und Ende. Ursprünglich riefen die Glocken zum Gebet, zum Innehalten. Es lohnt, diese gute Tradition wieder zu entdecken, um sich von seiner eigenen Spiritualität berühren zu lassen.

Die gemeinsame Initiative der Evangelischen Kirche in Deutschland und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz "Hörst du nicht die Glocken?" will darauf aufmerksam machen. Sie möchte die in Vergessenheit geratene Bedeutung des Glockenläutens neu betonen in einer zunehmend unreligiös geworden Gesellschaft. Glocken begleiten uns durch den Tag, verkünden Zeit und Stunde, erinnern an die vergehende Zeit und Ewigkeit und zugleich an Gottes Zuwendung zur Welt. Deshalb laden die Glocken ein zu Gottesdienst und Andacht. Das wäre doch etwas, wenn wir das Mittagsläuten als Bitte um den Frieden in unserer Welt und das Abendläuten als Bitte um die Bewahrung der Schöpfung verstehen würden.

KLAUS ROSORIUS, PFARRER DER EVANGELKISCHEN KIRCHENGEMEINDE LINTFORT

(RP)
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