Moers Wehmütige Lieder in der Pattberg-Halle

Moers · Die aus Flüchtlingen bestehende Gruppe "Heimatlos" spielte bei "Last Exit Moers" in der ehemaligen Maschinenhalle der Zeche Pattberg. Erstmals wurde das imposante Gebäude für Besucher geöffnet.

 Die Gruppe "Heimatlos" eröffnete das facettenreiche musikalische Programm von "Last Exit".

Die Gruppe "Heimatlos" eröffnete das facettenreiche musikalische Programm von "Last Exit".

Foto: KLaus Dieker

Bereits zwei Wochen vor dem Beginn des Festivals "Last Exit Moers" kehrte am Wochenende Leben in die Maschinenhalle der ehemaligen Zeche Pattberg ein, die erstmals öffentlich zugänglich war. Auf Initiative des Kulturschaffenden und Erfinders des Festivals Konrad Göke war das Industriedenkmal in den vergangenen Monaten aus dem Dornröschen-Schlaf erweckt worden.

Und so nutzten bereits am Samstag ehemalige Bergleute die Gelegenheit zu einer Reise in die eigene Vergangenheit. Sie hatten vor über 20 Jahren ihre alte Wirkungsstätte verlassen, waren 1993 zunächst in anderen Zechen untergekommen und konnten nun zum ersten Mal zurückkehren. Aus zwei Schächten war hier mit drei Fördermaschinen Kohle gefördert worden. Die riesige Treibscheibe mit den beiden Motoren, der Teufenanzeiger und der alte Führerstand, von dem die mitgrüne Farbe abblättert - beim ehemaligen Maschinensteiger Helmut Hastermann, der genau hier seit 1974 gearbeitet hatte, weckte das gemischte Gefühle. Er widersprach dem Bild von der großen, heilen Bergbau-Familie. "Es gab auch viel Neid und Konkurrenz, genauso wie in anderen Betrieben", erinnerte sich der gelernte Schlosser.

Im Laufe des Wochenendes kamen weitere Interessierte zu dem großen Backsteinbau, der 1932 gebaut wurde. Viele machten Fotos der alten Anlagen. Es gab Begegnungen und Austausch ehemaliger Kollegen. Einen ersten Test für die besondere Akustik der Halle lieferte die Band "Heimatlos", deren Lieder ebenfalls von Zurücklassen und Neuanfang, von Wehmut und Hoffnung handeln. Die Herren des Knappenchors Rheinland, der auf Pattberg einst seinen Anfang genommen hatte, waren am Abend ebenso gerührt und ergriffen wie die Zuhörer, die in passender Kulisse den vertrauten Klängen lauschten. Auch der "Ruhrpottbarde" Frank Baier, der aussieht, als käme er geradewegs aus dem Schrebergarten, weckte mit den alten Arbeiterliedern Erinnerungen. Dabei ging es nicht nur um fröhliches "Glückauf" und Zechenromantik, sondern ebenso um Ausbeutung und Proteste. Das "Klavier des kleinen Mannes", das Akkordeon, kam schließlich am Sonntagnachmittag zu besonderen Ehren. Das Akkordeonorchester Bayer-Uerdingen spielte unter Viktor Kammerzell ein hochkarätiges, gemischtes Programm von Klassik bis Pop. "Interessant ist, dass die Mutter von Kammerzell einst als Wolgadeutsche in Sibirien im Bergbau schuften musste", erzählte Konrad Göke. "So schließt sich auch hier wieder ein Kreis."

Die Konzerte am Wochenende waren die Vorspeise zur eigentlichen Veranstaltungsreihe "Last Exit Moers", die das Thema "Heimat" als verbindendes Element aufweist. Am 9. September beginnt sie mit Stephan Krawczyk, einem Liedermacher, der Teil der DDR-Opposition war. Er wird die kleinere Schwester des Akkordeons, das Bandoneon, mitbringen. Und apropos "Vorspeise": Für das leibliche Wohl sorgt Achim Scholl mit seiner Firma "Interpool". Konrad Göke und sein Sohn Frederik freuen sich auf besondere Kulturmomente in diesem einmaligen, historischen Ambiente.

www.lastextitmoers.de

(rauh)
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