Moers Von Impulsen und Schlenkern

Moers · Die Schlosstheater-Inszenierung "Hin & Weg – Die Kunst des Übergangs" hält für die fünf Schauspieler eine besondere Herausforderung bereit: Sie werden singen. Die musikalische Leitung hat Achim Tang. Ein Probenbesuch.

 Achim Tang begleitet Marieke Kregel und Frank Wickermann am Klavier. Die beiden Schauspieler haben in der Inszenierung ein Duett. Sie singen "Wild Roses".

Achim Tang begleitet Marieke Kregel und Frank Wickermann am Klavier. Die beiden Schauspieler haben in der Inszenierung ein Duett. Sie singen "Wild Roses".

Foto: Klaus Dieker

"Dalida hat immer so einen Schlenker rein gebracht ....", überlegt Frank Wickermann kurz und blickt Achim Tang über die Lesebrille hinweg an: "So ungefähr: Am Tag, als der Re-egen kam", singt Wickermann mit tiefer Stimme, grinst und übertreibt absichtlich. "Bist du Dalida?", kommt prompt die Antwort. Nein, Achim Tang hat sich das anders vorgestellt. Wie bei Gilbert Bécaud soll es klingen. Er öffnet den Laptop, ruft eine Seite auf: "Hör Dir mal den letzten Refrain an", sagt der Improviser in Residence, während Bécauds Stimme das Musikzimmer an der Kleinen Allee 10 erfüllt: "Le jour où la pluie viendra", singt Bécaud mit rauchigem Timbre. "Das ist die Atmosphäre, die ich mir vorstelle", sagt Achim Tang enthusiastisch und setzt sich sogleich ans Klavier. Daneben liegt der Kontrabass, auf der Couch die Gitarre.

Theater- und Filmmusik

Alles ist Musik in diesem Raum. In der intimen und gemütlichen Atmosphäre der Residenz des Improvisers probt Schlosstheater-Schauspieler Frank Wickermann mit dem Musiker die Lieder, die er im Rahmen des musikalisch-szenischen Theaterabends "Hin &Weg – die Kunst des Abgangs" interpretieren wird, an diesem Abend erst zusammen mit Marieke Kregel im Duett, dann allein. Achim Tang, der als Stadtmusiker die Moerser seit Anfang des Jahres mit der Welt der improvisierten Musik vertraut macht, hat die musikalische Leitung übernommen, arrangiert die Songs und studiert mit den Schauspielern die Lieder ein, die die Inszenierung Ulrich Grebs tragen werden.

"Ich habe mich selbst auch über das Thema des Stücks angenähert. Grenzüberschreitung und Abschiede sind wichtige Themen", erzählt der Bassist und Komponist. "Für mich ist es wichtig, dass die Lieder die Geschichte transportieren und den dramatischen Bogen des Theaterstücks verstärken. Die Musik muss aber gleichzeitig so arrangiert sein, dass der Abend auch ganz ohne Theatertext erlebbar ist", erläutert Achim Tang.

Theater- und Filmmusik ist für den Künstler aus Köln kein unbekanntes Terrain. Er komponierte unter anderem Musiken zu Theaterproduktionen wie "Jedermann", "Titus Andronicus" und Faust II in Graz sowie die Filmmusik für Goran Rebic Film "Donau". Tang ist in der Probe mit Wickermann zu 100 Prozent präsent: "Du gibst mir den Impuls, so wie du die Figur siehst", erklärt er dem Schauspieler, weil improvisierende Musiker es eben gewöhnt sind, Impulse der anderen aufzunehmen. "Die Interaktion ist ganz wichtig", sagt er und wendet sich auch schon wieder Frank Wickermann zu. Der erste Ton sitzt noch nicht. Einmal, zweimal, dreimal stimmt Wickermann "Der Junge am Fluss" an. Achim Tang begleitet ihn am Klavier. Das ist mir noch zu hoch", sagt der Schauspieler.

Tang und Wickermann stehen sich am Klavier gegenüber. Es ist wie ein Suchen und Finden der besten Interpretation. "Erzähl' einfach die Geschichte. Du brauchst kein Pathos reinzulegen", rät Tang und singt eine Zeile mit. Und dann gehen auch schon zwei Daumen hoch. Achim Tang ist begeistert.

(RP)
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