Moers Versöhnung in Bildern und Geschichten

Moers · Im Rahmen des Projekts "Du hast mich freundlich angesehen" ist die Woche der Begegnung mit der Eröffnung einer Fotoausstellung in der Stadtkirche Moers eröffnet worden. Auch ein Buchprojekt wurde vorgestellt.

 Fotografin Andrea Zmrzlak (links) und Andrea Kröger, Leiterin des Familienbildungswerks, eröffneten in der Moerser Stadtkirche eine Ausstellung, die im Rahmen einer Woche der Begegnung Versöhnungsgeschichten erzählt.

Fotografin Andrea Zmrzlak (links) und Andrea Kröger, Leiterin des Familienbildungswerks, eröffneten in der Moerser Stadtkirche eine Ausstellung, die im Rahmen einer Woche der Begegnung Versöhnungsgeschichten erzählt.

Foto: Klaus Dieker

"Du hast mich freundlich angesehen" - dieses Zitat stammt aus dem ersten Buch der Bibel, dem Buch Genesis. Esau spricht ihn zu seinem Bruder Jakob, der ihn mit einer List um sein Erbe betrogen hat. Es geht um Liebe trotz Wut, um Versöhnung trotz Streit und Schuld - zeitlose Themen, mit denen sich Menschen in Moers bei einem Projekt des Neuen Evangelischen Forums beschäftigt haben. Andrea Kröger, Leiterin des Familienbildungswerkes, hat das Projekt initiiert und begleitet es seit eineinhalb Jahren mit sehr viel Herzblut. 16 ganz unterschiedliche Frauen und Männer fanden den Mut, sich mit ihrem Gesicht und mit ihrer persönlichen Versöhnungsgeschichte zu zeigen. Fotografin Andrea Zmrzlak hat sie auf einfühlsame Weise portraitiert. Herausgekommen sind wunderschöne und ausdrucksstarke Schwarz-Weiß-Fotografien, die seit Samstagabend in der Moerser Stadtkirche ausgestellt sind.

Betrachtet man die großformatigen Portraits, so schaut man in offene, freundliche Gesichter. Die Zitate neben den Bildern lassen etwas von der Dramatik und Tiefe erahnen, die hinter den Gesichtern verborgen sind. "Wie sollten wir die Liebe zurücklassen?" heißt es beispielsweise neben dem Bild von Simone Osteroth, die andächtig und glücklich auf einen Schlüsselbund mit drei Schlüsseln in ihren Händen schaut. Ihre Geschichte ist die erste in dem 80-seitigen Buch, das im Neukirchener Verlag erschienen ist. Die drei Schlüssel stehen für ihre drei Kinder, die alle während oder kurz nach der Geburt verstorben sind. Simone - alle Autoren sind mit ihren Vornamen genannt - musste die Trauer aushalten und sich mit ihrem Schicksal versöhnen. Schließlich hat ihr die Liebe zu ihren "Sternenkindern" Kraft gegeben, um Menschen in ähnlichen Situationen helfen zu können. "Damit sie ihr Tor zum Herzen nicht verschließen, sondern aufschließen", lautet der letzte Satz ihrer Geschichte. In der Schreibwerkstatt, die sie im Rahmen des Projekts angeboten hat, entstanden weitere der berührenden Geschichten des Buches.

So wie die von Kathrin Olzog. Die Inhaberin der Barbara-Buchhandlung hatte ihre persönliche Versöhnungsgeschichte schon häufig erzählt. Sie handelt von Verlust und von Neuanfang. Doch sie aufzuschreiben und auch noch zu veröffentlichen, war eine ganz andere Sache, gesteht sie. "Die Lockerungsübungen in der Schreibwerkstatt haben mir sehr geholfen. Beim Vorlesen in der Runde kamen mir die Tränen." In dem Gottesdienst, der am Samstag zur Ausstellungseröffnung gefeiert wurde, las Gefängnispfarrer Michael Lucka seine Geschichte vor. "Es ist ein Privileg, freundlich angesehen zu werden", lautet die Essenz seiner Erfahrung.

Er selbst habe Glück gehabt trotz widriger Startbedingungen, denn seine Mutter starb, als er drei Jahre alt war. Den Inhaftierten, die häufig nicht gelernt hätten, sich selbst und andere freundlich anzuschauen, wolle er den liebenden Blick Gottes auf alle Menschen spüren lassen. Es sind diese authentischen Geschichten, verbunden mit den persönlichen Begegnungen und den offenen Gesichtern, die Andrea Kröger einfach nicht mehr losgelassen haben. Deshalb ist sie sehr dankbar, dass das Buchprojekt mithilfe des Evangelischen Erwachsenenbildungswerks Nordrhein möglich wurde. In einer "Woche der Begegnung" wird das Thema in verschiedenen Veranstaltungen aufgegriffen. Unter anderem gibt es ein Theaterprojekt für Jugendliche. Das Projekt und Infos zu den Veranstaltungen finden sich unter: duhastmichfreundlichangesehen.wordpress.com.

Die Ausstellung in der Stadtkirche ist geöffnet am: Dienstag, Freitag und Samstag, 11 bis 15 Uhr, Mittwoch, 17 bis 18.30 Uhr.

(rauh)
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