Gegen Antisemitismus und Extremismus Moerser schmieden Bündnis für Toleranz

Moers · Gemeinsam mit der Volksbank, der Diakonie, der Caritas, der Awo und dem Schlosstheater Moers will der Verein Demokratie und Toleranz leben dem wachsenden Antisemitismus und Extremismus entgegenwirken. Geplant sind unterschiedliche Projekte. Jeder kann sich einbringen.

 Im Februar 2020 demonstrieren in Neukirchen-Vluyn Menschen gegen Hass und Hetzte.

Im Februar 2020 demonstrieren in Neukirchen-Vluyn Menschen gegen Hass und Hetzte.

Foto: Arnulf Stoffel (ast)

Es muss schon einen besonderen Anlass geben; eine Situation, die alle gleichermaßen betrifft und nichts anderes als einen engen Schulterschluss erfordert. Wenn unter anderen Vertreter aller drei großen Sozialverbände – der Grafschafter Diakonie, der Caritas Moers-Xanten und der Arbeiterwohlfahrt Kreis Wesel – zusammenkommen, um ein starkes Bündnis, genauer: ein gesellschaftliches Bündnis für Toleranz, zu schmieden, dann ist die Lage tatsächlich ernst.

270 antisemitische Straftaten gab es im vergangenen Jahr in NRW. In diesem Jahr, sagt der Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Vereins Demokratie und Toleranz leben, Ibrahim Yetim, seien es schon mehr als 200. Und das lasse ihn Schlimmes befürchten. „Wenn es wieder Realität ist, dass auf Schulhöfen der Gruß ‚Heil Hitler‘ zu hören ist und ‚Jude‘ als Schimpfwort benutzt wird, müssen wir als Gesellschaft im Kampf gegen Antisemitismus noch viele Anstrengungen unternehmen.“

Gemeinsam mit der Volksbank Niederrhein, den oben genannten Verbänden, dem Schlosstheater Moers und möglichen weiteren Akteuren soll deshalb in Moers und am Niederrhein ein offenes gesellschaftliches Bündnis geschlossen werden, um dem wachsenden Antisemitismus und Extremismus entgegenzuwirken.

Es sollen Schul- und Jugendprojekte aber auch andere Ideen gefördert werden, die sich mit der Geschichte, der Entstehung, den Ursachen und den schrecklichen Folgen von Antisemitismus und Extremismus beschäftigen. Schulen, Jugendeinrichtungen, Vereine und andere Organisationen, die Projektideen haben oder die Schrecken des Antisemitismus durch den Besuch eines Konzentrationslagers vermitteln wollen, sind aufgerufen ihre Projekte kurz zu skizzieren und einzureichen.

In einem Workshop der Caritas Moers-Xanten setzen sich zum Beispiel junge Ehrenamtliche aus Moers mit dem Thema Rassismus und Antisemitismus auseinander. Ende September gehen sie darüber in den Dialog mit Bürgern. Als Hilfe für den Gesprächseinstieg dienen Bierdeckel mit der Aufschrift „Mein rechter, rechter Platz soll leer bleiben!“ und „Kein Platz für Antisemitismus!“. Die Bierdeckel werden vorher an Lokale in der Innenstadt verteilt. Bislang machen das Bollwerk, die Röhre, das Mondrian, das Fiddlers, das Jugendzentrum Zoff und die Box mit.

Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) Kreis Wesel, zu der auch das Jugendzentrum Zoff gehört, lädt in den Herbstferien an drei aufeinander folgenden Tagen zu einem digitalen Live-Rundgang durch die Gedenkstätte Hadamar ein. Der Rundgang wird live über ein Laptop übertragen und im Zoff über einen Beamer an die Wand projiziert. Im Anschluss gibt es eine moderierte Diskussionsrunde. Termine: 12. Oktober von 10 bis 11.30 Uhr, 13. Oktober von 14 bis 15.30 Uhr, 14. Oktober von 14 bis 15.30 Uhr. 

Die Grafschafter Diakonie wiederum bietet über das Präventionsprogramm „Respekt Coaches“ an der Duisburger Heinrich-Heine-Gesamtschule regelmäßig Workshops unter anderem zum Thema Rassismus/Antisemitismus an. Dabei geht es darum, demokratische Werte für junge Menschen erlebbar zu machen und sie in ihrer Persönlichkeit zu stärken. Schüler lernen dort, unterschiedliche Meinungen zu akzeptieren, Position zu beziehen, zu argumentieren. Das Ziel: eine Antidiskriminierungskultur im schulischen Alltag.

Seit gut 30 Jahren bilden Gedenkstättenfahrten einen Schwerpunkt der synodalen Jugendarbeit im Kirchenkreis Moers. „Zuletzt waren wir 2018 in Sachsenhausen und 2016 in Auschwitz“, sagt Referent Torsten Kapturek. „In den Herbstferien fahren wir in diesem Rahmen nach Dachau.“ Die Rückmeldungen der jungen Leute beflügelten das regelmäßig Angebot. „Für sie sind das nicht irgendwelchen Ferienfahrten“, sagt Kapturek. „So ein Besuch einer Gedenkstätte bewegt etwas – langfristig.“

 Ibrahim Yetim  RP-Foto (Archiv): crei

Ibrahim Yetim RP-Foto (Archiv): crei

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Zum ersten Mal gab es in diesem Jahr auch eine vom Kirchenkreis organisierte Bildungsfahrt mit Jugendlichen nach Berlin; in erster Linie, um den Nationalsozialismus und die deutsch-deutsche Geschichte zu erörtern, aber auch, um andere politische Systeme in der deutschen Geschichte kennenzulernen. 

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