Ehrenamt in Moers Verdienstkreuz für Gisela Meißner

Moers · Sie hat geholfen, die Wahrnehmung Behinderter in der Gesellschaft zu verändern.

    Gisela Meißner erhält aus den Händen des stellvertretenden Landrats Heinrich Friedrich Heselmann den Bundesverdienstorden.

Gisela Meißner erhält aus den Händen des stellvertretenden Landrats Heinrich Friedrich Heselmann den Bundesverdienstorden.

Foto: Norbert Prümen (nop)

Gisela Meißner ist jetzt Trägerin des Bundesverdienstkreuzes. Im Rittersaal des Moerser Schlosses wurde sie durch den stellvertretenden Landrat Heinrich Heselmann sowie Bürgermeister Christoph Fleischhauer geehrt. Für Gisela Meißner kam die Ehrung als Geschenk zu ihrem 75. Geburtstag. Sie freut sich über die Anerkennung für ihren ehrenamtlichen Einsatz. Der Staat ehre mit dem Verdienstkreuz besondere Menschen, die bescheiden und im Stillen Gutes bewirken, die sich aufopferten für ihre Familien und darüber hinaus, sagte Fleischhauer in seiner Rede. Es ist wahrlich nur eine winzige Anerkennung für eine unbezahlte Arbeit, ohne die weite Teile des öffentlichen und sozialen Lebens zum Erliegen kämen.

Das Engagement für Familien mit behinderten Kindern, das war und ist Meißners Leben. Seit 1967 ihr zweiter Sohn Georg als „Sieben-Monats-Kind“ auf die Welt kam und klar war, dass er geistige und körperliche Einschränkungen davon tragen würde, wurde ihr Leben auf den Kopf gestellt. Als Kind eines Binnenschiffer-Kapitäns kam Meißner mit sieben Jahren zu Pflegeeltern nach Duisburg-Wanheim, um die Schule besuchen zu können. In Bochum machte sie die Ausbildung zur Krankenschwester. Nach Heirat, Umzug nach Moers und einem gesunden kleinen Sohn war es für die Familie nicht leicht, sich mit der Krankheit des zweiten Sohnes abzufinden. Lange lag er in der Kinderklinik im Brutkasten, Kontakt gab es nur durch eine Glasscheibe.

Es war eine Zeit, so erzählt Gisela Meißner, in der ein behindertes Kind noch als Makel betrachtet wurde. Es gab kaum Aufklärung zu dem Thema, vielmehr war es ein gesellschaftliches Tabu. Viele Kinder wurden von ihren Familien geradezu versteckt. Behinderte Menschen wurden im besten Fall als „Objekt der Fürsorge“ betrachtet, jedoch nicht als Individuen mit Rechten, Wert und Würde. Erst seit 1994 gibt es den Zusatz in Artikel 3 des Grundgesetzes: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Mit ihrem „Verein für spastisch Gelähmte und andere Körperbehinderte Moers“ hat Meißner in 50 Jahren zu diesem Wandel in der gesellschaftlichen Wahrnehmung beigetragen. Denn für die Mutter war immer klar: Georg gehört dazu! „Wir haben Georg immer ganz selbstverständlich mit einbezogen“, erzählt die 75-jährige.

Dass es in Moers die Caritas Wohn- und Werkstätten für Menschen mit Behinderung gibt, ist maßgeblich auf ihr Engagement zurückzuführen. Seit 27 Jahren wohnt und arbeitet Georg dort. Das Loslassen sei zu Beginn schwer gefallen, so Meißner. Doch es sei ein wichtiger Schritt gewesen. Der Kontakt zwischen den beiden sei nach wie vor sehr intensiv. Als Mitglied des Behindertenbeirates der Stadt machte sich Meißner unter anderem dafür stark, dass ein kostenloser Fahrtdienst eingerichtet wurde, den es 30 Jahre lang gab. Der Austausch, die Beratung und die praktische Hilfe gehen auch nach der offiziellen Auflösung ihres Vereins weiter. Neben dem „Mütterkreis“ gibt es regelmäßige Treffen zum Kegeln. Gisela Meißner hält, wie sie selbst sagt, „den Laden zusammen“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort