Neukirchen-Vluyn Unfälle: Freileitungen sind Auslaufmodelle

Neukirchen-Vluyn · Die Enni will Freiluftleitungen nach und nach unter die Erde verlegen. Bäume oder landwirtschaftliche Maschinen können sie beschädigen.

 Enni-Geschäftsführer Stefan Krämer (r.) und sein technischer Bereichsleiter Kai Gerhard Steinbrich (Mitte) erläutern Bürgermeister Harald Lenßen am Vinnmansweg in Rayen die Strategie des Rückbaus von Freileitungen.

Enni-Geschäftsführer Stefan Krämer (r.) und sein technischer Bereichsleiter Kai Gerhard Steinbrich (Mitte) erläutern Bürgermeister Harald Lenßen am Vinnmansweg in Rayen die Strategie des Rückbaus von Freileitungen.

Foto: enni

Nanu, kein Saft mehr in der Steckdose? Es war am 8. Oktober, als in Teilen von Neukirchen-Vluyn plötzlich der Strom ausfiel. Der Grund: Ein Landwirt hatte mit seinem Traktor zwei Kabel einer Freileitung heruntergerissen. Betroffen von dem Blackout waren die Ortsteile Vluyn, Rayen und Hochkamer.

Wenn so etwas passiert, läuft sofort eine Störungsmeldung bei der Enni in der Moerser Wittfeldstraße ein. Dann werden Einsatzkräfte losgeschickt. In der Regel können die Enni-Mitarbeiter das Problem rasch lösen. "Im Durchschnitt sind unsere Kunden im Jahr gerade mal zehn Minuten ohne Strom", sagt Kai Gerhard Steinbrich, technischer Bereichsleiter der Enni Energie & Umwelt. Der Bundesdurchschnitt liege bei 20 Minuten pro Jahr.

Steinbrich räumt allerdings ein, dass in jüngster Zeit öfter Vorfälle passiert sind, bei denen landwirtschaftliche Maschinen Freileitungsmasten beschädigt haben. Mal werden Kabel abgerissen, mal fährt der Traktorführer direkt gegen den Mast. Das ist nicht nur ärgerlich für die Kunden, sondern auch gefährlich für die Verursacher, wenn Funken sprühende Kabel unter Hochspannung übers Feld schwingen. "Im Zweifelsfall immer im Fahrzeug bleiben, bis die Einsatztruppe kommt", rät Steinbrich. Durch die Gummiräder sei der Fahrer sicher geerdet.

Langfristig soll diese Art rustikaler Unfälle zur Seltenheit werden. Denn die Enni verringert nach und nach den Bestand ihrer Freileitungen. Waren es im gesamten Gebiet, das von der Enni beliefert wird, im Jahr 2008 noch 194 Kilometer Freiluftleitungen, ging die Länge bis 2012 auf 159 Kilometer zurück. Der bei weitem größte Teil der insgesamt 1829 Kilometer langen Enni-Leitungen liegt in der Erde.

"Vor allem in Waldgebieten sorgen wir dafür, dass die Freileitungen in den Boden verlegt werden", berichtet Steinbrich. Denn dort ist die Gefahr, dass fallende Bäume die Leitungen herunterreißen, besonders hoch. "Der Aufwand bei den Freileitungen ist generell höher, wir müssen den Bewuchs regelmäßig kappen, das ist personalintensiv." Und auch die Holzmasten selber müssen in bestimmten Abständen ersetzt werden. Die Kontrollen der Masten führt eine Firma im Auftrag der Enni durch. Muss ein Mast ersetzt werden, wird das Holz gekennzeichnet.

Bei so vielen Nachteilen fragt sich der Kunde, wieso überhaupt Stromleitungen über die Erde verlegt wurden? "Die Errichtung der Freileitung ist günstiger", sagt Kai Gerhard Steinbrich. Als das Stromnetz sich vor vielen Jahrzehnten über Deutschland ausbreitete, war diese rasche und preiswerte Methode entsprechend beliebt. Inzwischen wird den Erdleitungen klar der Vorzug gegeben. "Diese Kabel halten rund 80 Jahre", sagt der technische Leiter. "Das ist eine langfristige Geschäftsgrundlage."

(RP)
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