Urbanes Imkern Über den Dächern von Moers – summt’s

MOERS · Der Imkerverein Moers hat ein Pilotprojekt gestartet und einen Bienenkasten in luftiger Höhe aufgestellt. Das Bienenvolk findet in Moers einen reich gedeckten Tisch. Mitten in der Stadt.

 Auf dem Dach des ehemaligen Kinos an der Homberger Straße stellen Heinz Muhsal (l.) und Jayson Episoto den ersten Bienenstock auf.

Auf dem Dach des ehemaligen Kinos an der Homberger Straße stellen Heinz Muhsal (l.) und Jayson Episoto den ersten Bienenstock auf.

Foto: Arnulf Stoffel (ast)

Die Bienen kommen mit dem Taxi zu ihrem neuen Standort. Der liegt hoch über den Dächern von Moers, in Höhe des ehemaligen Horten-Geländes. Vorsichtig setzen die Imker Heinz Muhsal (75) und Jayson Esposito (38) das fleißige Bienenvolk in der Kiste ab, öffnen das Flugloch. „Ich schätze rund 15.000 Bienen mit der Königin“, sagt Heinz Muhsal. Auch wenn die Bienen am neuen Ort aufgestellt werden, von der Moerser Heide in die Stadt wechseln, „sind sie neugierig. Zuerst kommen die Späher“, sagt der Fachmann. Er ist Bienensachverständiger im Kreis Wesel für den linksrheinischen Bereich.

Und es dauert nicht lang, da summt es. Immer mehr Bienen fliegen aus in die Stadt, wollen die neue Umgebung erkunden. „Die können sich direkt orientieren“, so Muhsal. Überall blüht die Natur. Die Kirschblüte nähert sich beinahe schon dem Ende. Bienen und Stadtluft, das funktioniert. Nicht nur die Berliner Imker machen es auf den Hochhäusern und Einkaufszentren vor. Auch die Moerser Imker starten ein Pilotprojekt. Genauer der Imkerverein Moers. Muhsal: „Gärten und Dachterrassen liegen in der Nähe. Es gibt genügend blühende Bäume, Blumen in Parks und Balkonkästen. Die Bienen haben gleich ein guten Start.“

Dass sich die fleißigen Insekten mit den dicken Pollenhöschen so schnell und so gut in der Großstadt unterwegs sind, belegen Projekte in Metropolen wie New York und Paris. Auch der Ertrag in Bio-Qualität ohne Zertifikat, dafür mit regionalem Bezug, stimmt, so die Erfahrungen. Die Biene ist mit Schwein und Rind das wichtigste Nutztier und fasziniert gerade Alt und Jung. Die Imkerszene wächst. Gesunde Bienenvölker sind das Ziel, und das scheint beim urbanen Imkern zu gelingen.

Auch die beiden Imker wollen den Bienen die Flügel stärken und zugleich andere auf die Imkerei aufmerksam machen. „Ohne Genehmigungen wie die vom Hauseigentümer geht das natürlich nicht“, sagt Jayson Esposito. Seit fünf Jahren imkert er. Heinz Muhsal steht ihm als Mentor mit Rat und Tat zur Seite. So auch beim Pilotprojekt über den Dächern von Moers. „Wir suchen weitere Unterstützung und Kooperationen“, sagt der 38-Jährige. Das kann eine Bienenpatenschaft sein, wo ein Standort zur Verfügung gestellt oder Material sponsert wird.

Esposito wohnt naturnah in der Dong in Neukirchen und bietet für Interessierte verschiedene Themen zu Bienen an. „Wir haben gute Ideen und wollen auch an Schulen und Kindergärten, um Wissen weiterzugeben“, sagt Esposito. Natur spricht Jugend an, der Blick über den Tellerrand dank der erfahrenen Imker öffnet die Augen für den Kreislauf der Natur. Bestäubung von Nutzpflanzen ist nur ein Stichwort. „Klar, dass wir uns auch als Verein nach außen präsentieren und um Nachwuchs werben“, sagt Esposito.

Nicht nur die Bienen müssen sich Herausforderungen stellen, auch die Imker. Während die Varroa-Milbe, ausgeräumte Landschaften, Monokulturen und Pestizideinsatz den Bienenvölkern zu schaffen macht, braucht die Imkerei Nachwuchs und kämpft gegen das Image, ein Rentnerclub zu sein. „Wir sind derzeit ebenfalls auf der Suche nach einem neuen Vereinstreffpunkt in Stadtnähe“, so Esposito. „Imkern hat mit Verantwortung und Arbeit zu tun, aber entspannt, hat etwas von Yoga.“

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