Hunde-Schicksal im Tierheim Moers „Ob sie je wieder richtig laufen kann, wissen wir nicht“

Moers · Sonnenschein Irma - eine Französische Bulldogge – bestimmt aktuell den Alltag im Moerser Tierheim und sorgt für gute Laune. Doch ein Blick hinter die Kulissen zeigt, mit welchen Herausforderungen die Einrichtung gerade zu kämpfen hat.

Die fünf Monate alte französischen Bulldogge Irma hat in ihrem kurzen Leben bereits jede Menge erlebt. Der komplizierte Bruch am Ellenbogen ist in einer ersten OP gerichtet worden. Ein zweiter Eingriff steht bevor.

Foto: Norbert Prümen

Aufmerksam verfolgt Irma jede Bewegung und freut sich über Zuwendung. Die Fellnase lebt im Tierheim Moers. Die Rede ist von der fünf Monate alten französischen Bulldogge. In ihrem kurzen Leben hat sie bereits jede Menge erlebt. Der komplizierte Bruch am Ellenbogen ist in einer ersten OP gerichtet worden. Ein zweiter Eingriff steht bevor. „Ob sie je wieder richtig laufen kann, wissen wir nicht. Wahrscheinlich ist, dass sie dauerhaft humpeln wird und Physiotherapie braucht“, so die Prognose von Kathrin Novotny, Tierheim-Mitarbeiterin. Irma hat mit ihrem Welpencharme alle im Sturm erobert. Über Facebook informiert das Tierheim-Team regelmäßig, wie es ihr und all den anderen Tieren geht. „Wir haben für Irma Spenden bekommen, so dass die zweite OP gesichert ist.“

Um diese intensive Betreuung zu ermöglichen, wurde Irma dem Tierheim übereignet und soll, wenn sie alles überstanden hat, in die Vermittlung kommen. „Ein Tier zu kaufen, bedeutet immer auch finanzielle Verantwortung, so bei Erkrankung oder Unfall, wie im Fall von Irma, zu übernehmen. Die Frage, ob Tierhaltung in einer Wohnung erlaubt ist, muss vorher geklärt sein“, so Kathrin Novotny. Das Moerser Tierheim hat derzeit mit extrem kranken Katzen zu tun. Beispielsweise kamen nach einer Haushaltsauflösung fünf Stubentiger nach Hülsdonk. Der Besitzer ist verstorben. Parasiten, Würmer und Milben in den Ohren, so die erste Diagnose vom Tierheim-Team. „Die Tiere wurden über Jahren vernachlässigt. Sie warten sehnsüchtig auf ein neues Zuhause“, so Kathrin Novotny. Wie sehr sich Kater Finn menschliche Zuneigung und Kontakt wünscht, zeigt er prompt. Finn möchte in seinen Menschen hineinkriechen und schmusen. Er und seine vier Kollegen sind ein Beispiel dafür, dass auch Vorsorge wichtig ist und die Frage „was ist, wenn“ geklärt sein muss.

„Gerade haben wir eine zweijährige Katze übernommen, da sie nicht mit ins Seniorenheim genommen werden durfte“, so Kathrin Novotny. Ihr Appell: Jeder, der sich ein Tier anschafft, sollte einen Plan B haben, für den Fall von Urlaub, Krankenhausaufenthalt oder den Wechsel ins Altenheim. Klar muss auch sein, dass Vierbeiner ein stolzes Alter erreichen können. Auch die nächste Herausforderung wird nicht lange auf sich warten lassen: „Noch haben wir keine Kitten“, sagt Kathrin Novotny.

Auch viele Katzen warten im Tierheim sehnsüchtig auf ein neues Zuhause.

Foto: Norbert Prümen

Auch das Hundehaus meldet wie das Katzenhaus Überbelegung. Sieben Hunde sind in der Vermittlung, die keine Anfängerhundes sind. Vierbeiner wie Alfred, Lenny oder Struppi warten auf Menschen mit Hundeerfahrung. Der einjährige, bildschöne Labradormix Seppel ist ebenfalls ein solcher Kandidat. „Er braucht einen mental starken Menschen und Konsequenz. Seppel ist respekt- und distanzlos. Er richtet sich den Tag nach seinen Vorstellungen ein.

Wir haben so viele Baustellen, die bei uns landen. Es brennt überall“, so die Tierheim-Mitarbeiterin. Hinzu kommen hohe Energiekosten, die ein riesiges Loch ins Budget reißen. Gerade die Quarantänestation bietet wenig Einsparpotential. Beim Futter für Kaninchen containern Mitarbeiter zusätzlich. „Wir bringen vom eigenen Einkauf zusätzlich Frischfutter wie Kohlblätter mit. Im Monat brauchen wir rund 150 Kilogramm. Zu 98 Prozent verfüttern wir Frischfutter“, sagt Novotny.

Gäste auf Zeit, wie Hunde aus der Ukraine, die von ihren Menschen mit auf die Flucht genommen wurden, gibt es nicht mehr. „Diese Familien haben mittlerweile eine Wohnung gefunden“, so Kathrin Novotny. Die Zahl der so genannten Auslandshunde sei jedoch stark steigend, weil sie nicht von ihren Vermittlungsstellen zurückgenommen werden. Von zehn Abgabehunden kamen früher acht aus dem Ausland, mittlerweile sind es 35. Die Gründe sind vielschichtig. „Wir laufen auf Probleme zu, die auf dem Rücken der Tierheime ausgetragen werden“, so Novotny. Sie spricht die Vermittlung an. Ein gegenseitiges Kennenlernen wie im Tierheim sei nicht gegeben, sondern die Tiere landen direkt beim Käufer und kurze Zeit später in einem der Tierheime. „Wir müssen diese Problemhunde nicht aufnehmen, wohl aber diejenigen, die wir vermittelt haben“, so Novotny.