Theater in Moers Eine Stadt im Ausnahmezustand

Moers · Das Schlosstheater Moers bringt zum Auftakt der neuen Spielzeit „Die Pest“ von Albert Camus auf die Bühne. Intendant Ulrich Greb hat die Theaterfassung entwickelt und inszeniert.

 Die Proben laufen auf Hochtouren: Puppe Dr. Rieux spielt eine wichtige Rolle in der Insenierung von Ulrich Greb (2.v.r), Joost van den Branden coacht das Ensemble im Puppenspiel. Viola Köster  ist Dramaturgin.

Die Proben laufen auf Hochtouren: Puppe Dr. Rieux spielt eine wichtige Rolle in der Insenierung von Ulrich Greb (2.v.r), Joost van den Branden coacht das Ensemble im Puppenspiel. Viola Köster  ist Dramaturgin.

Foto: Norbert Prümen (nop)

Zuerst sind es nur einige tote Ratten und ein paar Fälle einer unbekannten Krankheit. Doch dann bricht in der algerischen Hafenstadt Oran die Pestepidemie aus. Die ganze Stadt befindet sich im Ausnahmezustand. Die Menschen sind von der Außenwelt abgeschottet. Wie reagiert der Einzelne in einer solch extremen Situation? Wie funktioniert das Miteinander in der Katastrophe? Ist Solidarität dann noch möglich? Wie weit reicht unser Mitgefühl? Fragen, die heute aktueller denn je sind. Gestellt hat sie Albert Camus vor mehr als 70 Jahren in seinem Roman „Die Pest“. Das Schlosstheater Moers wagt sich an den Stoff heran und setzt den Roman zum Auftakt in die neue Spielzeit in Szene. Premiere ist am Donnerstag, 19. September im Schloss Moers.

„Camus dokumentiert die Situation wie ein Chronist“, sagt Ulrich Greb, der für die Inszenierung verantwortlich zeichnet. Der Roman sei wie eine große Versuchsanordnung, in der die Figuren und ihre jeweiligen Strategien im Kampf gegen die Seuche aufeinander zugehen oder sich voneinander abgrenzen.“ Das Motiv der Grenze liefert dem Regisseur den aktuellen Bezug. „Heute geht es um Grenzen im menschlichen Miteinander, um Grenzen der Toleranz, aber auch um Europas Außengrenzen“, betont Viola Köster, die die Inszenierung als Dramaturgin begleitet. Dabei spielt auch das Bühnenkonzept, das Birgit Angele entwickelt hat, eine entscheidende Rolle. Sie hat ein Zelt aus durchsichtigem Stoff ins Schloss gestellt. Das Publikum wird sowohl mittendrin als auch außen vor sitzen und jeweils eine andere Perspektive einnehmen können. Ist das Zelt nun ein Schutzraum oder befinden sich darin die Infizierten? „Wie gucken wir heute auf das Mittelmeer. Und wer entscheidet darüber, wo die Grenzen sind?“, fragt Ulrich Greb zurück. Seine Inszenierung habe einen performativen Ansatz, sagt er, liefere nicht die typische Guckkasten-Situation. Camus schildert den Verlauf der Seuche aus Sicht der Hauptfigur Dr. Bernard Rieux, die sich jedoch erst am Ende des Romans als „Verfasser der Chronik“ zu erkennen gibt. „Es ist der Arzt, der ohne Ideologie hilft und der den Menschen auch helfen wird, wenn die Seuche überwunden ist. Er entspricht Camus’ Philosophie vom Menschen in der Revolte“, erläutert Greb. Am Schlosstheater ist dieser Dr. Rieux eine Handpuppe, die Albert Camus sehr ähnlich sieht. „Puppenbauer Patrick Maillard hat sie für uns gefertigt, Joost van den Branden vom belgischen Theater Tieret coacht zurzeit unsere Schauspieler im Puppenspiel“, sagt der Regisseur. Es spielen Patrick Dollas, Lena Entezami, Matthias Heße, Roman Mucha, Elisa Reining und Frank Wickermann. Ulrich Greb verspricht: „Sie werden die Geschichte auch aus einer unerwarteten Perspektive erzählen.“

Die Inszenierung ist eine Koproduktion mit dem Moers Festival. Stadtmusiker Emilio Gordoa hat eine Soundkulisse komponiert.

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