Moers Tatort-Pathologe liest aus seinem Buch

Moers · Joe Bausch, bekannt als Pathologe Dr. Joseph Roth aus den Kölner "Tatort"-Folgen, trug beim Krimifestival aus seinem Bestseller vor. Mit einer Mischung aus Ernst und Humor warb er für den resozialisierenden Strafvollzug.

 Joe Bausch ist ein vielseitiger Mann: Mediziner, Schauspieler, Schriftsteller. Er kennt die Abgründe des Gefängnisalltags und setzt sich für Humanität im Strafvollzug ein.

Joe Bausch ist ein vielseitiger Mann: Mediziner, Schauspieler, Schriftsteller. Er kennt die Abgründe des Gefängnisalltags und setzt sich für Humanität im Strafvollzug ein.

Foto: Klaus Dieker

"Ich will Sie auch unterhalten und zum Lachen bringen." Das sagte Joe Bausch, als er gerade eine Passage über "subkulturelle Machenschaften" im Gefängnis Werl aus seinem Buch "Knast" vorgelesen hatte. Dort ist er seit 25 Jahren Gefängnisarzt. Der 59-Jährige verstand es am Samstagabend, mit einer eigenen Mischung aus Ernst und Humor den Zuhörern den Knast-Alltag nahe zu bringen. Schließlich ist er nicht nur Mediziner, Schauspieler und Buchautor, sondern auch jemand, der für Verständnis für die schwierigen Umstände in der "Black Box Gefängnis" wirbt, für einen humanen Strafvollzug und für eine Resozialisierung der Täter.

Dazu nutzt er seine Popularität. Seit 15 Jahren spielt der gebürtige Westerwälder in der Krimiserie "Tatort" den Pathologen Dr. Joseph Roth, der anders als der wirkliche Joe Bausch mürrisch und wortkarg ist. Mittlerweile stand er 52 Mal für den Tatort vor der Kamera, immer wenn dieser in Köln gedreht wurde. Außerdem ist er ein gern gesehener Gast in Talkshows, selbst wenn er es bedauere, wie er sagt, dort in einer 90-minütigen Sendung nur wenige Minuten seine Position vertreten zu können.

Das war am Samstag in der Kundenhalle der Sparkasse am Ostwall anders. Zwei Stunden nahm sich Bausch Zeit, als Höhepunkt des Krimifestivals Moers aus seinem Buch "Knast" vorzulesen, welches vor knapp einem Jahr erschien und sich mit 150 000 verkauften Exemplaren zum Bestseller entwickelt hat. Anschließend beantwortete er Fragen der WDR-Moderatorin Monika Hanewinkel und aus dem Publikum. 200 Zuhörer hörten wie gebannt zu. Es wären wahrscheinlich weit mehr gewesen, wenn es nicht bereits Mitte Januar keine Karten mehr gegeben hätte, nachdem der Vorverkauf gerade eine Woche angelaufen gewesen war.

Die Zuhörer gewann Bausch schnell für sich, weil er sich als jemand präsentierte, der Bezüge zu Moers hat. Er habe mehrmals das Jazz-Festival besucht, einmal eine Rolle beim Moerser Schlosstheater gehabt und seine Tochter sei während eines Aufenthaltes in der Grafenstadt gezeugt worden. "Jetzt komme ich zum Tatort zurück", erklärte er mit einem Schmunzeln. Es sei schon etwas grotesk, wenn er in einer Sparkasse aus seinem Buch "Knast" vorlese. Dann nahm er die Zuhörer mit in den "Mikrokosmos" Gefängnis, der hermeneutisch abgeriegelt. Der Takt dieses Mikrokosmos' sei das Auf- und Zuschließen von Türen und Sicherheitsschleusen. "Ein Beamter hat in einer Schicht 800 Schließvorgänge", erklärte der Vorleser. Im Werler Knast seien 900 Gefangene aus 47 Nationen untergebracht, meistens mit langen oder lebenslangen Strafen. Die Gefangenen hätten oft brüchige Lebensläufe. Rund ein Viertel sei drogenabhängig. Der Alltag sei durch Misstrauen geprägt. Aber dadurch würden geplante Geiselnahmen oder Ausbrüche oft frühzeitig bekannt und so vereitelt.

Am Ende stellte Joe Bausch die Frage: "Was macht den Menschen böse?" Auch wenn er an einem Forschungsprojekt zu dieser Frage mitarbeite, gebe es keine klare Antwort. Die Determination, also die genetische Veranlagung, könne wie die Sozialisation, also die Erziehung und das Umfeld, eine Rolle spielen. Abschließend konnte sich die Zuhörer das Buch "Knast" vom Autor signieren lassen.

(got)
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