Soziales in Moers Straßenaktion für mehr bezahlbaren Wohnraum
MOERS · Der Caritasverband Moers-Xanten baute unter dem Motto „Jeder Mensch braucht ein Zuhause“ am Kö ein „Wohnzimmer“ auf.
Zwei Jahre lang suchte Marion Heidenreich eine Wohnung. „Ich habe in der zweiten Etage unter dem Dach gewohnt“, blickt die 50-jährige Arzthelferin aus Moers zurück, deren Gehfähigkeit durch eine Krankheit eingeschränkt ist. „Ich hatte große Schwierigkeiten, die Einkäufe nach oben zu bringen. Es war nicht leicht, zum Duschen in die Badewanne zu steigen.“
Die Frührentnerin suchte in Zeitungen und im Internet. Außerdem machte sie in ihrem Bekanntenkreis „Propaganda“, wie sie es nennt. Das zahlte sich aus. „Meine Physiotherapeutin hat den Kontakt zu einer ihrer Patientinnen hergestellt“, erzählt sie. „Sie hatte gerade eine Erdgeschosswohnung mit ebenerdiger Dusche renoviert. Ich bin überglücklich gewesen, dort einziehen zu können. Jetzt kann ich wieder normal leben.“
Marion Heidenreich ist kein Einzelfall. „Es fehlt bezahlbarer Wohnraum, besonders für Benachteiligte“, weiß Sozialarbeiterin Ulla Speer aus ihrer täglichen Arbeit. Sie arbeitet am Ostring in der Beratungsstelle für Menschen in existentiellen Notlagen. „Die Anmietung scheitert oft an der Miethöhe“, berichtet die Mitarbeiterin des Caritas-Verbandes Moers-Xanten. „Arbeitslose brauchen meistens vier bis sechs Monate, um eine Wohnung zu finden. Gehandicapte oft länger, weil es kaum behindertengerechte Wohnungen gibt. Die, die die neu gebaut werden, sind schnell vergeben.“
Am Mittwoch stand Marion Heidenreich mit dem Sozialarbeiter Frank Schröder, der ebenfalls in der Beratungsstelle des Caritas-Verbandes am Ostring arbeitet, am Königlichen Hof in Moers, um auf den Mangel an bezahlbarem Wohnraum aufmerksam zu machen. Anlass war die bundesweite Kampagne des Caritas-Verbandes „Jeder Mensch braucht ein Zuhause“, der sich der Caritas-Verband Moers-Xanten angeschlossen hat. Die Sozialarbeiter hatten aus Sesseln, einem Wohnzimmertisch und zwei Wohnzimmerschränken eine kleine „Wohnung“ aufgebaut, um mit Passanten ins Gespräch zu kommen. Gleichzeitig fand eine „Abstimmung“ statt: Wer vorbeikam, durfte die Frage beantworten, ob bezahlbarer Wohnraum in Moers ausreichend vorhanden sei oder nicht, um dann eine Kugel in eine passende Kunststoffröhre fallen zu lassen. Alle Passanten, die stehen blieben, platzierten ihre Kugeln in der durchsichtigen Röhre, die dem nicht ausreichenden Wohnraum zugeordnet war – darunter auch Marion Heidenreich.
„Das Problem gibt es in Köln und Düsseldorf schon lange“, sagte Frank Schröder. „Jetzt ist es am Niederrhein und im ländlichen Raum angekommen.“ Da ständig alte Wohnungen aus der Sozialbindung herausfallen, müssten dringend neue Wohnungen gebaut werden, die für Benachteiligte bezahlbar sind, sagte Schröder. „In Deutschland fehlen eine Million Wohnungen“, betonte er. „Der Staat muss die Mittel für diesen Wohnungsbau erhöhen.“
Kontakt: Beratungsstelle des Caritas-Verbandes für Menschen in existentiellen Notlagen, Ostring 1, Moers, Telefon 02841 90100.