Bewegen Hilft Die Institutionen Sport ist wichtig für behinderte Menschen

Moers · Gut 200 Familien bilden die Lebenshilfe Moers. Der Vorstand organisiert Freizeitaktivitäten, Fahrten und Konzertbesuche.

 Die Flamingos treffen sich immer mittwochs in der Waldschule in Meerbeck zum Training. Anna Hillebrand tanzt vor, die Teilnehmer machen mit. Gerade wird für das Dorffest in Repelen geübt.

Die Flamingos treffen sich immer mittwochs in der Waldschule in Meerbeck zum Training. Anna Hillebrand tanzt vor, die Teilnehmer machen mit. Gerade wird für das Dorffest in Repelen geübt.

Foto: Reichwein

Moers Charts gehen immer. Charts, deutscher Pop-Schlager, Party-Songs, darauf tanzen die Mitglieder der Flamingos, die Tanzgruppe der Lebenshilfe Moers, besonders gern. Gerade läuft in ihrem Trainingsraum in der Waldschule an der Barbarastraße in Meerbeck ein sieben Minuten langer Party-Mix aus verschiedenen deutschen Titeln. Rund 15 Tänzer klatschen, schwenken die Arme in der Luft, drehen sich um die eigene Achse, werfen Kussmünder in Richtung des imaginären Publikums, wenn das Lied das vorgibt - und schauen immer wieder rüber zu Vortänzerin Anna Hillebrand, ihrer Trainerin. Hildebrandt ist 31 Jahre alt, gelernte Physiotherapeutin und studierte Sonderpädagogin. Seit 2011 betreut sie die Tanzgruppe der Lebenshilfe. "Es ist eines der bestbesuchten Angebote", sagt Dirk Möwius, Lebenshilfe-Vorsitzender. "Sport und Bewegung spielen eine große Rolle bei der Organisation für behinderte Menschen und ihre Angehörigen", so Möwius weiter. Neben Tanzen ist Kegeln ein Dauerbrenner, aber auch Fußball wird gut angenommen. Klassiker sind die Frühstückstreffen, die Spielenachmittage, die vielen Ausflüge und Freizeiten.

Der Verein wurde im Juni 1978 als Interessengemeinschaft Behinderter Moers e.V. gegründet. Egon Möwius, selbst Vater eines geistig-behinderten Sohnes, wurde Vorsitzender, seine Stellvertreter wurden Elisabeth Bücking, Lehrerin an der Schule für Behinderte in Krefeld, und der querschnittsgelähmte Gerhard Schink. 1979 folgte der Anschluss an die bundesweit organisierte Lebenshilfe. Seitdem heißt der Verein Lebenshilfe Interessengemeinschaft Behinderter. Gut 200 Familien aus Moers, Rheinhausen, Homberg, Neukirchen-Vluyn, Kamp-Lintfort und Rheinberg bilden heute die Lebenshilfe.

Drei Programme pro Jahr entwickelt der Lebenshilfe-Vorstand, an diesem Abend im Juli sitzt die Gruppe zusammen, um über die Aktivitäten für den Rest des Jahres abzustimmen. Im Dezember soll es beispielsweise nach Valkenburg in die Niederlande gehen, eine Weihnachtsfeier im Bollwerk ist geplant oder auch ein Angel-Tag mit dem Anglerverein IG Rheinpreussen. Schon seit 1980 werden Freizeitmaßnahmen für Behinderte angeboten. Waren lange die Ostsee und Spanien die Ziele, führt nun seit einigen Jahren die Deutschlandtour in Städte wie Köln, Münster oder zuletzt Hannover. Spannende Eindrücke habe man dort gesammelt, sagt Bärbel Grotenrath, die unter anderem mit ihrem Vorstandskollegen Wolfgang Basner die Fahrt begleitet hat. Elf Teilnehmer und fünf Betreuer sind mitgefahren, geschlafen wurde in einer Jugendherberge. "Echt behindertengerecht war die aber nicht", sagt Bärbel Grothenrath. "Unsere", sagt sie immer, wenn sie von den Lebenshilfe-Teilnehmern spricht, die auf Reisen einfach anderen Notwendigkeiten unterliegen als nicht-behinderte Menschen. Dieter Thomas Kuhn haben die Moerser live gesehen, den Flughafen besucht, eine Stadtrundfahrt gemacht; es wurde gegrillt, Tischtennis oder Volleyball gespielt. Spaß hatten die elf Mitreisenden ganz offensichtlich, denn: "Alle wollen im kommenden Jahr wieder mitfahren", sagt Wolfgang Basner.

Die ganze Lebenshilfe-Arbeit passiert ehrenamtlich. Bis auf Honorarkräfte für besondere Angebote wie Anna Hillebrand gibt es keine bezahlten Mitarbeiter. Heißt also: Die Lebenshilfe Moers lebt vom Engagement ihrer Mitglieder. Da auch nur geringste Verwaltungskosten anfallen, kommen alle Spendengelder direkt und ohne Verlust den Angeboten für die behinderten Mitgliedern zu Gute.

Nebenan, im Trainingsraum, ist gerade die dritte Tanzgruppe angekommen. Von 17 bis 20 Uhr trainieren die Behinderten hier, jede Gruppe eine Stunde. Manchmal gibt es - wie bei Nichtbehinderten auch - Zoff um das nächste zu spielende Lied. "Aber das ist kein Problem, wer auf ein Lied nicht tanzen möchte, setzt einfach eine Runde aus", sagt Tanz-Trainerin Anna. Im Moment aber will keiner aussetzen, schließlich hat die Gruppe ein Ziel vor Augen: Am vorletzten August-Wochenende gibt es den mittlerweile schon traditionellen Auftritt auf dem Repelener Dorffest. Aufgeregt sind die Tänzer schon jetzt. Silvia, die an dem Tag auf jeden Fall mit an Bord ist, hat einen großen Wunsch: "Hoffentlich regnet es nicht."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort