Kindertageseinrichtungen in Moers SPD diskutiert über Situation in Kitas

Moers · Im Juli hat die Landesregierung den Entwurf zur Novellierung des Kinderbildungsgesetzes in den Landtag eingebracht. Was die Neuerungen für Erzieher, Kinder und Eltern in Moers bedeuten, will Ibrahim Yetim MdL mit Fachleuten diskutieren.

 In den nordrhein-westfälischen Kitas fehlen 15.600 Vollzeitbetreuer. Zu diesem Ergebnis kommt eine bundesweite Studie der Bertelsmann-Stiftung.

In den nordrhein-westfälischen Kitas fehlen 15.600 Vollzeitbetreuer. Zu diesem Ergebnis kommt eine bundesweite Studie der Bertelsmann-Stiftung.

Foto: Karl-Josef Hildenbrand dpa

Schlechte Bezahlung, hohe Arbeitsbelastung, wenig Anerkennung für eine immens wichtige Aufgabe: Bislang hatte der Beruf des Erziehers für junge Menschen reichlich wenig zu bieten. Die Folge – ein dramatischer Fachkräftemangel – ist spürbar, auch in Moers. In der städtischen Tageseinrichtung für Kinder am Rüttgersweg beispielsweise mussten im vergangenen Jahr Gruppen wegen des hohen Krankenstandes zeitweise schließen oder zusammengelegt werden. Eltern wurden gebeten, ihre Kinder früher als vereinbart abzuholen, Inklusionshelfer fehlten. Zu solchen Ausnahmesituationen solle es künftig nicht mehr kommen, nirgendwo.

Im Juli hat die Landesregierung einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) in den Landtag eingebracht. Schwarz-Gelb will künftig jedes Jahr 1,3 Milliarden Euro mehr in Kitas investieren und ein zweites beitragsfreies Kita-Jahr einführen. Kritik kommt insbesondere von Seiten der freien Träger wie Kirchen und Wohlfahrtsverbänden, die drei Viertel der Kitas im Land führen. Mit dem neuen KiBiz sei eine auskömmliche Finanzierung noch immer nicht gesichert, heißt es. Zeitgleich mit dem Gesetzesentwurf wurden mehr als 80.000 Protestunterschriften gegen die Pläne eingereicht. Über Elternbeiträge, Kita-Öffnungszeiten, Betreuungsschlüssel und die Ausbildung neuer Kita-Kräfte will der Moerser SPD-Landtagsabgeordnete Ibrahim Yetim am Dienstag mit Kindern, Eltern, Erziehern und Trägern ins Gespräch kommen.

Fakt ist: In den nordrhein-westfälischen Kitas fehlen 15.600 Vollzeitbetreuer. Zu diesem Ergebnis kommt eine bundesweite Studie der Bertelsmann-Stiftung. Die Untersuchung sieht zwar Verbesserungen, stellt aber fest: „Die Betreuungssituation in den Kitas ist noch immer nicht kindgerecht und stellt zudem eine hohe Arbeitsbelastung für die Fachkräfte dar.“ Zwar habe sich das Kita-Personal in NRW seit 2013 um fast 50 Prozent auf 114.219 Personen erhöht. Zugleich stieg aber die Zahl der betreuten Kinder in den Kitas von 551.506 auf 595.383.

Die Frage ist: Kann das neue KiBiz die Probleme lösen oder schafft es neue? Für die Stadt Moers bedeute die geplante Gesetzesreform eine Mehrbelastung in Höhe von mindestens 1,5 Millionen Euro pro Jahr. Das jedenfalls geht aus einer Mitteilung der Verwaltung an den Jugendhilfeausschuss aus September hervor. Problematisch sei beispielsweise das angestrebte umfängliche Vertretungskonzept bei der Tagespflege mit freigehaltenen Plätzen, heißt es. Das sei nicht nur teuer, sondern ziehe auch den Verlust von dringend benötigten Plätzen nach sich. Die Qualifizierungskosten für Kindertagespflegepersonen werden sich nach Angaben der Stadt mindestens verdreifachen. Und: Bei den Kitas verursachten die vorgesehene durchgehende Betreuung am Mittag und die Teilnahme am Mittagessen zusätzliche Kosten. Die üblichen Küchengrößen reichten nicht aus, Mensen ständen in den Einrichtungen nicht zur Verfügung und Personal sei nicht vorhanden.

„Mit der Reform des Kinderbildungsgesetz verfehlt die NRW-Landesregierung die selbst gesteckten Ziele“, sagt Frank Müller MdL, SPD-Mitglied im Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend. „Am Ende wird auch durch diese Reform weder die Unterfinanzierung noch der Personalmangel beseitigt.“ Qualitätssteigerungen seien mit den vorgelegten Maßnahmen kaum zu erwarten. Die Erweiterung der Öffnungszeiten und eine stärkere Flexibilisierung blieben ein kaum einlösbares Versprechen, das auf dem Rücken der Erzieher ausgetragen werde. Darüber hinaus tue sich bei den Sachkosten eine Lücke in Höhe von 570 Millionen Euro auf.

Ähnlich sieht das auch Benjamin Walch, Geschäftsbereichsleiter Kinder- und Jugendpolitik beim Awo-Kreisverband Wesel. „Ich begrüße Verbesserungen wie die Anerkennung der Fachberatung, den Zuschuss zur Ausbildung und den Wegfall der Nachweisverfahren für die U3-Pauschale und die Verfügungspauschale“, sagt er. „Jedoch wurden im aktuellen Gesetzentwurf wider besseren Wissens grundsätzliche Punkte wie die Behebung finanzieller und personeller Strukturmängel nicht berücksichtigt, so dass für eine tatsächliche Neuorientierung eine Überarbeitung notwendig ist.“

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