Analyse: Kommunalwahl 2020 SPD-Bürgermeisterkandidatur: David gegen Goliath

Moers · Am 8. Januar entscheidet die Mitgliederversammlung, wer im September für die Sozialdemokraten in den Wahlkampf zieht.

 Seit 2010 ist Ibrahim Yetim Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Moers und Neukirchen. Jetzt will er ins Rathaus einziehen.

Seit 2010 ist Ibrahim Yetim Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Moers und Neukirchen. Jetzt will er ins Rathaus einziehen.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Wer tritt im September für die SPD im Wahlkampf um das Bürgermeisteramt an? Die Moerser Sozialdemokraten haben die Wahl: Wie berichtet, wollen sowohl Landtagsabgeordneter Ibrahim Yetim (54), als auch Unternehmensjurist Michael Pela (30) den Verwaltungschefsessel in der Grafenstadt erobern. Das Ringen um die offizielle Kandidatur hat etwas von David gegen Goliath. Pela ist privat Kampfsportler und offiziell Einzelkämpfer, Yetim fährt auf dem Ticket des Parteivorstands und der im Herbst eingesetzten Findungskommission. Showdown ist am 8. Januar. Dann entscheidet die Mitgliederversammlung, wer das Rennen macht.

Vorher stand ein komprimierter Prozess. Gut drei Monat lang hatte die nach dem „Rückzug mangels Rückhalt“ von Verdi-Mann Detlef Raabe eingesetzte parteiinterne Findungskommission nach einem geeigneten Kandidaten gesucht. Dass das Verfahren am Ende auf die Personalie Yetim hinauslaufen würde, deutete sich schon im September an. Als Moerser Ortsvereinschef war der stellvertretende Bürgermeister nicht Mitglied des vierköpfigen Gremiums. Allerdings wurde auch Michael Pela, genauso wie Ordnungsamtschef Sinan Aydin, als Bewerber interviewt. Offiziell stand das Ergebnis Ende November. Am 30. verkündeten Findungskommission und Parteivorstand ihren Favoriten; und Yetim erklärte, dass er es macht.

Tatsächlich ist der Landtagsabgeordnete und stellvertretende Bürgermeister für viele Genossen schon lange ein Wunschkandidat. Nur hatte der gelernte Bergmechaniker, der seit 2009 für die SPD im Moerser Stadtrat sitzt und 2010 für den Wahlkreis Moers und Neukirchen ins Landesparlament in Düsseldorf zog, bis zum Rückzug von Raabe stets abgewunken. Michael Pela, der seinen Hut im Sommer aus Unzufriedenheit mit dem damaligen Vorstandsfavoriten Raabe ohne Absprache in den Ring warf, kritisierte das scharf.

„Wer von euch ist mit Raabe als Kandidaten glücklich gewesen?“, fragte er am 30. November die SPD-Vertreterversammlung, bevor er erklärte, dass er seine interne Kandidatur auch gegen Ibrahim Yetim aufrecht erhält. „Und wer von euch hat sich getraut etwas dagegen zu tun? Es überrascht mich, dass sich unser Landtagsabgeordneter jetzt als Bürgermeisterkandidat aufstellen lassen möchte, nachdem die Sache mit Raabe erledigt ist. Wo war die Motivation, als es darauf ankam, den Unmut in der eigenen Partei zu erkennen und zu handeln?“

Für so viel Mut soll es von dem ein oder anderen SPDler nach der Sitzung einen heimlichen Schulterklopfer gegeben haben. Wie viele Stimmen Pela am Ende tatsächlich für sich verbuchen kann, wird vielleicht auch davon abhängen, ob die Wahl am Mittwoch offen oder im Geheimen abläuft.

Fest steht: Für das sozialdemokratische Alphatier Yetim spricht unter anderem die vorhandene Wahlkampferfahrung. Die unausgesprochene Erwartung, in der keineswegs mehr standfesten SPD-Hochburg Moers einen Kandidaten mit Erfahrung und „Gesicht“ präsentiert zu bekommen, war zuletzt zu groß. Ein „Nein“ in dieser Situation hätten Yetim zu viele übel genommen. Nach Raabes Rückzug, sagt er, habe er sich deshalb gefragt: Wer könnte es noch? Außer ihm selbst fiel ihm keiner ein. Die Entscheidung, den Schritt zu gehen, habe er frei und gerne getroffen, betont er; weil er etwas bewegen wolle, aber auch aus sozialdemokratischem Pflichtgefühl. Von den Genossen erwarte er diesbezüglich ein geschlossenes Bild. Das Michael Pela mit seinem Nicht-Rückzug nun quasi zerdeppert hat.

 03.01.2020, MO Moers , Michael Pela , Bewerber der SPD um das Amt der BŸrgermeisters der Stadt Moers.

03.01.2020, MO Moers , Michael Pela , Bewerber der SPD um das Amt der BŸrgermeisters der Stadt Moers.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Auch im Ortsverein Rheinkamp soll es Genossen geben, denen die Person Yetim mit ihrem politischen Selbstverständnis ein Dorn im Auge ist. Die Frage ist: Trauen sie Michael Pela, der mittlerweile als Nachrücker für den Anfang November verstorbenen Hartmut Hohmann im Stadtrat sitzt, davor als Sachkundiger Bürger im Planungsausschuss aber noch nicht über die Maßen auffiel, „den Bürgermeister“ zu? Ich persönlich rechne nicht mit einer Palastrevolution, wohl aber mit einem Achtungserfolg – für „David“.

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