Moers Sie serviert die Literatur zum Frühstück

Moers · Fünfte Staffel, Halbzeit: Sonntag setzt das Schlosstheater Moers seine Reihe "Literarisches Frühstück" im Schloss fort. Nicole Nikutowski, die die Reihe konzipiert hat, stellt einen literarischen "Außenseiter" in den Mittelpunkt: Hubert Fichte.

 Nicole Nikutowski ist Dramaturgin am Moerser Schlosstheater. Sie befasste sich auch in ihrer Magister-Arbeit mit dem Autor Hubert Fichte, der heute zu den ersten Literaten der deutschen Popkultur gilt.

Nicole Nikutowski ist Dramaturgin am Moerser Schlosstheater. Sie befasste sich auch in ihrer Magister-Arbeit mit dem Autor Hubert Fichte, der heute zu den ersten Literaten der deutschen Popkultur gilt.

Foto: Klaus Dieker

Nicole Nikutowski, Dramaturgin am Schlosstheater, freut sich auf das "Literarische Frühstück" am Sonntag: "Seitdem ich die Reihe gestalte, möchte ich dem Publikum Hubert Fichte vorstellen." Entdeckt hat sie den wenig bekannten Autor während ihres Studiums an der Freien Universität Berlin, an der sie Literaturwissenschaft und Theaterwissenschaft studierte. Sie beschäftigte sich mit Autoren, die in ihrenBüchern versuchen, die Welt zu beschreiben.

"Wobei dies kaum gelingen kann, weil die Beschreibungen immer auch persönlich eingefärbt sind." Hubert Fichte sei ein spannender Autor, sagt sie, mit einer verkappten, aber auch intimen Sprache. "Seine Texte sind Wortgewitter, sehr rhythmisch. Trotzdem gelingt es ihm, Bilder im Kopf seiner Leser zu erzeugen. Er war in jungen Jahren selbst Schauspieler. Vielleicht achtete er als Autor deshalb auf Mimik und Gesten, denn so gelangen ihm sehr lebendige Texte.

" Fichtes Werk fand Eingang in ihre Magister-Arbeit, in der sie das Thema Welt und Selbsterfahrung im schriftstellerischen Prozess beschrieb. Weltbetrachtung und Selbstbetrachtung spiegeln sich auch im Werk von Hubert Fichte wider. Dass Nicole Nikutowski den Autor nun in der fünften Staffel des "Literarischen Sonntagsfrühstück" präsentieren kann, hat auch mit dem diesjährigen Thema zu tun. Es geht um die "Außenseiter", um Autoren, die in irgendeiner Form unter Repressalien standen, dieses Erlebnis aber produktiv umgesetzt haben.

Nachdem bereits die Autoren Jean Genet und Albertine Sarrazin im Fokus der szenischen Lesungen standen, folgt nur Hubert Fichte als "Held der Subkultur". Fichte, unehelicher Sohn eine Souffleuse, hatte einen jüdischen Vater. Seine Mutter schickte ihn als Siebenjährigen in ein katholisches Waisenhaus, um ihn vor den Nationalsozialisten zu schützen. Im Alter von etwa 14 Jahren lernte er den Schriftsteller Hans Henny Jahnn kennen, entdeckte durch ihn die Literatur und seine eigene Homo- beziehungsweise Bisexualität.

"In den Nachkriegsjahrzehnte galt Fichte als Abweichler von der literarischen Grammatik seiner Zeit. Heute zählt man ihn zu den ersten Literaten der deutschen Popliteratur. Das Spannende in dieser Reihe ist, das Fichte mit Jean Genet, mit dem wir den aktuellen Reigen eröffnet haben, ein Interview geführt hatte." Fichte sei viel um die Welt gereist. In seinem Text "Versuch über die Pubertät" gehe es in der ersten Szene um Brasilien.

Die szenische Lesung im Moerser Schloss wird von den Schauspielern Patrick Dollas und Matthias Heße gestaltet. Das "Literarische Frühstück", das Nikutowski in ihrem ersten Jahr am Schlosstheater entwickelt hatte, ist inzwischen eine feste Instanz im Spielplan des Theaters. Die Reihe hat ein Stammpublikum gefunden, das daran Freude hat, sich bei einem gemütlichen Frühstück gerne mit der Literatur auseinandersetzen. "Es ist für viele ein Ort der Begegnung geworden, an dem sie spannende Autoren kennenlernen können.

" Die Reihe endet übrigens am 23. Februar mit der Vorstellung von Angela Davis.

(RP)
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