Rheurdt Sie hilft Flüchtlingen beim Neuanfang

Rheurdt · Lydie Benninghofen führt seit Februar die Caritas-Beratungsstelle für Flüchtlinge in Rheurdt.

Lydie Benninghofen reicht einige Papiere über den Tisch. "Das ist Tigrinya", sagt sie und beobachtet lächelnd das verdutzte Gesicht des Besuchers. Diese Buchstaben können wohl nur wenige Europäer entziffern. Es sind altäthiopische Zeichen. Tigrinya wird in Eritrea gesprochen, einem der Länder, das immer wieder negativ in die Schlagzeilen gerät. Terror, Verfolgung und die Drohung eines lebenslangen Militärdienstes bewegt Menschen, aus diesem Land zu fliehen.

Auch in Rheurdt wohnen nun manche von ihnen, gemeinsam mit Flüchtlingen aus vieler Herren Länder. Und Menschen wie Lydie Benninghofen helfen ihnen, hier ein neues Leben aufzubauen. Seit Anfang Februar führt sie die Beratungsstelle für Flüchtlinge des Caritasverbandes Geldern-Kevelaer. Zweimal in der Woche steht sie in dem Büro am Meistersweg 5 für Fragen zur Verfügung. "Mit Englisch und Französisch kommt man schon weit", sagt sie. "Aber manchmal brauchen wir die Hilfe von Dolmetschern." Etwa wenn die Ratsuchenden nur Arabisch sprechen oder eben Tigrinya. Natürlich hat die Flüchtlingsbetreuung in der Gemeinde nicht erst mit der Eröffnung dieser Beratungsstelle begonnen. Ehrenamtliche Helfer setzen sich dort schon seit Jahrzehnten für diese Menschen ein. "Und ohne diese Hilfe könnte auch ich meine Arbeit nicht machen", stellt Lydie Benninghofen klar. Einmal in der Woche gibt es eine gemeinsame Runde mit den engagierten Bürgern.

In Deutschland ein neues Leben aufzubauen, diese Erfahrung hat die heute 36-Jährige selbst gemacht. Vor elf Jahren kam sie aus Ruanda nach Deutschland. In Afrika hatte sie klinische Psychologie studiert. In Deutschland ist sie seit 2009 als soziale Arbeiterin in der Flüchtlingsbetreuung tätig, beispielsweise im Psychosozialen Zentrum für Flüchtlinge in Düsseldorf. Dort wird nicht zuletzt traumatisierten Menschen und Folteropfern geholfen.

Rund 150 Asylbewerber leben zurzeit in Rheurdt. Von den bürokratischen Regeln hierzulande wissen sie wenig. Hier kommen die Helfer vor Ort ins Spiel. Lydie Benninghofen zählt einige wichtige Themen auf. Da ist die Frage der Familienzusammenführung. "Dazu nehmen wir Kontakte zu den deutschen Konsulaten in der jeweiligen Region auf." Das ist nicht immer leicht. Für das vom Krieg gebeutelte Syrien läuft der Kontakt beispielsweise über Konsulate in der Türkei und im Libanon.

Deutschkurse für die Flüchtlinge gibt es in Rheurdt drei. "Die sind zurzeit alle belegt", berichtet die Flüchtlingsbetreuerin. Manche besuchen daher Kurse in Geldern. Der Besuch ist zwar freiwillig, doch die Motivation der Menschen sei groß. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Kontakt zu Schulen und Kindergärten.

Die Asylverfahren dauern bekanntlich lange. Nur wenige der Anwärter, die in Rheurdt leben, sind bereits anerkannt worden. Der ungewisse Status vieler Flüchtlinge macht die Vermittlung in Jobs nicht leicht. Dennoch ist es gelungen, in bereits drei Fällen Praktika zu organisieren. Natürlich stehen die Flüchtlingsbetreuer auch bereit, wenn es am Arbeitsplatz Verständigungsprobleme geben sollte.

Viele Herausforderungen erwarten die Neuankömmlinge, doch das beherrschende Gefühl unter diesen Menschen, sagt Benninghofen, sei Erleichterung. Auch wenn manche mit Bangen an Eltern und Geschwister denken, die sie zurücklassen mussten.

(s-g)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort